Bewässerungsanlage Kaunerberg

Gemeinden Faggen, Kauns und Kaunerberg im Kaunertal (Bezirk Landeck), Tirol

Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Blick auf die Weiler des Kaunerbergs mit Lechtaler Alpen im Hintergrund
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Der Kaunerberghang gehört mit einer Niederschlagsmenge von 600 mm zu den regenärmsten Gegenden Österreichs. Als 1947 die Gelder aus dem Marshall-Plan zu fließen begannen, gehörte das Projekt Bewässerungsanlage Kaunerberghang zu den ersten genehmigten und geförderten Projekten.

Fast 13 km lang fließt das Wasser des Gallruttgletschers durch zwei in den Fels geschlagene Stollen, offene und abgedeckte Kanalleitungen, Steilrinnen und Tosbecken talauswärts und sichert die Wasserversorgung der Trockenhänge. Die ursprüngliche Berieselung wurde durch Beregnungsanlagen ersetzt.

Heute ist der Hangkanal als wichtigster Bestandteil des "Kaunerberger Wasserweges" eine der Hauptattraktionen im Naturpark Kaunergrat. (zit. nach A. Steixner)

In den Jahren 1947 bis 1954 wurde mit ERP-Mitteln ein 12 km langer, aus Bruchsteinen gemauerter Kanal quer durch die Wiesenhänge bis ins Inntal errichtet. Die Idee zu diesem Vorhaben stammt von Oberbaurat Fritz Zelle, der sich etwa seit 1940 damit beschäftigte, die Bewässerungssituation am Kaunerberghang zu verbessern. Im Spätherbst 1946 hatte er die Idee für den Bewässerungswaal mit Wasser des Gallruthferners.

Die Bewässerungsanlage Kaunerberghang der 'Wassergenossenschaft Kaunerberghang' wurde am 2./3. Oktober 1954 feierlich eingeweiht. Die künstlich bewässerten Felder reichen bis 1500 m Seehöhe hinauf. In Erinnerung an die 1953 - 1968 durchgeführte Grundzusammenlegung wurde 1968 die St. Martins-Kapelle am Weg zum Pillersattel errichtet. Heute ist das Gebiet bis hoch hinauf ein üppiger Garten, das größte geschlossene Obstgebiet Nordtirols.

Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Bewässerungsanlage Kaunerberg
Steilgerinne des Hangkanals
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

"Bau der
Bewässerungsanlage "Kaunerberg"
Baustelle: Oberfalpetan
Dieses Bauvorhaben wird mit
Unterstützung des ERP durchgeführt"
Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Gallruthstollen, Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Gallruttstollen (Gallruthstollen)
990 m langer Freispiegelstollen mit 4 0/00 Gefälle.
Einmündung in 1879,71 m Seehöhe, Ausmündung in 1875,75 m Seehöhe
Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Gallruthstollen Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Blick aus dem Gallruthstollen
Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Gallruthstollen, Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Wärterhaus beim Gallruthstolleneingang
5,50 x 3,55 m
Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmarer

Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Bewässerungsanlage Kaunerberg © Christoph Praxmerer

Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

Bewässerungsanlage Kaunnerberg © Christoph Praxmarer

Bewässerungsanlage Kaunerberg
© Christoph Praxmarer, 24. Oktober 2004

"Erste schriftliche Zeugnisse für das Vorhandensein künstlicher Bewässerungssysteme [im Oberen Gericht] finden sich ab dem 15. Jahrhundert, was aber nicht ausschließt, dass es vorher bereits förmliche Regelungen hinsichtlich der Wassernutzung gab, da in diesem Gebiet generell Aufzeichnungen aus der Zeit davor äußerst selten sind. Das älteste Wasserbuch der Region stammt aus Tösens und geht auf die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück und fällt in die Zeit des Pflegers WILHELM VON MÜLINEN, der sein Amt in den Jahren 1418 - 1440 ausübte. Noch in Romaunsch (räteromanisch) geschrieben ist die älteste Wasserordnung von Nauders aus dem Jahre 1436. Die Gemeinde Pfunds verfügte um 1500 über eine niedergeschriebene Wasserordnung, während aus Fließ ein Wasserbuch aus dem Jahre 1582 bekannt ist. Für das hier betrachtete Gebiet ist die Wasserordnung von Kauns von Interesse, die im Alpbrief vom 3. Februar 1553 enthalten ist. Weitere Details enthält auch die Dorfordnung von Kauns aus dem Jahre 1739. Die sogenannten "Wasserrodordnungen" regelten bisweilen sehr detailliert die Zuteilung des vorhandenen Wassers, aber auch die Pflichten und Rechte derjenigen die Wasserrechte besaßen. Da die Unterhaltung der künstlichen Bewässerungssysteme einen erheblichen Aufwand erforderte, handelte es sich in aller Regel um Gemeinschaftsaufgaben, in die sämtliche Gemeindebürger einbezogen waren. (1)"

Relikte historischer Bewässerungssysteme am Kaunerberghang

"Eine sehr alte Bewässerungsquelle mit verschiedenen Waalanlagen bildet der Schnadinger Weiher, der vermutlich bereits mehr als 200 Jahre existiert.

Der Obwalswaal, der ehemals vom Weiher wegführte, sich beim Weiler Schnadigen teilte und anschließend in den Kauner Weiher floss, existiert heute noch, wenngleich er inzwischen teilweise verrohrt ist. Den Gaiswieswaal gibt es heute nicht mehr; jedoch ist der Verlauf des Wals stellenweise noch in der Landschaft zu erkennen.

Weiterhin zur Bewässerung benutzt wird der Kauner Weiher in Falldösens, wenngleich er auch an einigen Stellen bereits stark verwachsen ist.

Der Seabwaal, welcher früher ebenfalls Wasser in den Weiher führte, ist heute nicht mehr vorhanden. Lediglich an einigen Stellen lassen sich noch Spuren ausmachen. Das Überwasser des Kauner Weihers wird noch immer mittels zweier Waale abgeleitet, wobei einer der beiden Waale (Kaunerwaal 2) mitten durch das Siedlungsgebiet der Gemeinde Kauns führt und anschließend in die Fagge mündet. Das Wasser des zweiten Abflusses versickert etwa 200 Meter unterhalb das Weihers im Wald. Nicht mehr vorhanden ist der Schlosswaal, der ursprünglich vom Kauner Weiher bis zum Schloss Bernegg geführt haben soll.

Einer der wenigen Waale, die auch heute noch Wasser führen ist der Falpauswaal. Dieser Waal wird von vielen Bauern nicht als Waal angesehen, sondern als kleiner Bach, welcher immer schon existiert haben soll. Ähnlich verhält es sich mit dem Pfetscherbrunnbach, der in den Karten als Bach verzeichnet ist, teilweise aber auch Hinweise liefert, dass es sich um einen sehr alten Waal handeln dürfte, dessen Wasser ursprünglich mittels Holzrinnen zugeleitet worden war.

Auch der früher große und bedeutende Maiswaal ist heute - ähnlich dem Seabwaal - nur mehr an wenigen Stellen in der Landschaft zu erkennen.

Weitere ehemals bedeutende Waale, die heute allesamt verschwunden sind, waren der Ebnewaal, der Poschwaal, der Oberwalswaaal 2, der Fontiatschwaal, der Mairhofwaal 1, der Prantachwaal sowie zahlreiche kleinere Waale.

Der heute noch bestehende Braunebenwaal ist zusammen mit dem Hangkanal erst Anfang der 1950er Jahre erbaut worden. Während er zunächst ein offener Waal war, ist er inzwischen verrohrt worden, um den Naturgewalten und -einflüssen entgegenzuwirken.

In der Gemeinde Faggen sind heutzutage bis auf einen kleinen Waal im Bereich des Weilers Untergufer (Unterguferwaal 2) sowie einer kleineren "Waalgruppe" in der Nähe des Siedlungskerns sämtliche Waale außer Betrieb. Der Unterguferwaal 2 führt zwar Wasser, dieses wird allerdings nicht mehr zur Bewässerung verwendet. Die kleine Waalgruppe in der Nähe des Siedlungebereiches setzt sich aus einem relativ großen, aus bruchsteinmauerwerk gebauten Waal (Faggenwaal 2) und einer Gruppe von kleineren, offenen Erdwaalen zusammen." (2)

Pitzen

"Ein vergleichbares Schicksal wie die Waale erfuhren die zahlreichen am Kaunerberg ehemals vorhandenen Pitzen. Sofern sie nicht gänzlich verschwunden sind, läßt sich ihre Existenz zumeist nur mehr in der Landschaft erahnen. Dennoch gibt es bis heute einige Pitzen, die mit Wasser gefüllt sind, auch wenn sie nicht mehr für die Bewässerung genutzt werden." (3)

"Sowohl aus kultzurhistorischer wie aus ökologischer Sicht plädiert SCHMID nachdrücklich die wenigen noch vorhandenen Pitzen und Waale zu erhalten. Diese letzten Relikte seien 'von landschaftsästhetischer und landschaftskultureller Sicht von großer Bedeutung'. Waale und Pitzen seien bis vor 'nicht allzu langer Zeit für die Menschen am Kaunerberg sowie auch in vielen anderen trockenen Gebieten der Erde eine Selbstverständlichkeit' gewesen. Für die Bergbauern seien 'sie oft genug so etwas wie ein notwendiges Übel, aber andererseits auch eine wichtige Lebensader (gewesen) auf die sie stolz waren.' Nicht weniger bedeutsam sind die Pitzen und Waale aus ökologischer Sicht gerade in den Trockengebieten des Kaunerberghanges. Sie stellen hervorragende und außerordentlich wichtige Biotope dar und bilden damit Lebensräume für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren." (4)


Film "Lebensquell Wasser"

Mit großer Unterstützung von Direktor Hermann Weber wurde im Frühsommer 1954 ein Film an den Originalschauplätzen am Kaunerberg gedreht.
"Gedreht wurde der Film 'Lebensquell Wasser' als ein Gemeinschaftswerk, an deren Herstellung sich das BMfLuF, die Landwirtschaftskammer für Tirol, das Kulturbauamt der Tiroler Landesregierung in Innsbruck sowie die Spezialfabrik für Beregnungsanlagen Bauer (Voitsberg) in der Steiermark beteiligten. Für die Idee und die Regie zeichnete Ing. Herbert Wilk aus Linz verantwortlich, dem es durch das Verständnis von Seiten der Auftraggeber möglich war, erstmals 'bei einem Kulturfilm in Österreich eine durchlaufende Spielhandlung zu zeigen". Durch diese Spielhandlung sei es gelungen, die Starrheit eines ausgesprochenen Fachfilms zu vermeiden. Der Film wurde im Agfa-Color-Verfahren hergestellt und stellte den Versuch dar, zwischen der Handlung einerseits sowie der Technik, aber auch der Schönheit des Landes eine Einheit zu schaffen.

Der etwa 20 Minuten lange Film, der an den Originalschauplätzen gedreht worden war, hat als wesentlichen Inhalt die Darstellung der Bekämpfung des Wassermangels. Beispielhaft dokumentiert wird dies am Bewässerungsprojekt Kaunerberghang, angefangen von der trostlosen und hoffnungslosen Situation der Bergbauern vor Beginn des Projekts, dem Bau des Hangkanals und den ersten Beregnungen. Er ist insgesamt ein nachdrückliches Plädoyer für den Einsatz von Beregnungsanlagen und die damit zu erreichenden Produktionssteigerungen." (5)

(1) Frey, S. 43
(2) Frey, S. 62 - 63 (gekürzt)
(3) Frey, S. 64
(4) Frey, S. 66
(5) Frey, S. 208

Quelle: Christoph Praxmarer; Hinweistafeln am Kaunerberger Wasserweg im Naturpark Kaunergrat; Martin Frey, Die Geschichte der Bewässerungsanlage Kaunerberg, Kaunertal 2005. Zitat Steixner aus Frey 2005, S. I.

weiterführende Literatur: Martin Frey, Die Geschichte der Bewässerungsanlage Kaunerberg, Kaunertal 2005.

Ergänzungen sind gerne willkommen!