Die Teufelsbeschwörung.

Der Teufel saß ärgerlich in der Hölle, er hatte den ganzen Tag auf der Erde zu tun gehabt und doch nur zwei Schneider und einen Schullehrer geholt und wegen dieser mageren Ausbeute von seiner Großmutter eine gar erbauliche Predigt erhalten. Er biß ingrimmig an einem zähen Nierenbraten herum, ingrimmig, weil seine Leibspeise, die Nirndl'n, schon die Großmama vor seiner Ankunft verzehrt hatte. Letztere machte auch ein Gesicht wie sieben ihrer Enkelkinder, weil der Teufel in letzter Zeit immer so unverdauliches Zeug gebracht hatte.

Plötzlich tönte durch das Prasseln des höllischen Feuers das Wort: „Ripidipudifaxdihu, Beelzebub erscheine!"

Der Teufel aber rührte sich nicht, denn er war müde und außerdem war die Beschwörung falsch.

Das war gewiß wieder so ein Bauernlümmel, der nicht recht lesen konnte. Aber die Großmutter machte schon ganz böse, grüne Augen und schlich herzu und riß ihm das Fleischstück aus den Zähnen, indem sie schrie: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen! Hörst Du nicht, daß Du beschworen bist? Tagdieb! Ich arme, alte Frau kann noch da herunten verhungern."

„Du bist doch nicht umzubringen", brummt der Teufel ungalant, setzte sich jedoch, als es zum zweitenmal rief: „Ripidipudifaxdihu", auf eine senkrechte Flamme und fuhr aus derselben langsam, wie auf einem Schraubstuhl sitzend, aus den Flammenkern der Erde an deren Oberfläche empor. -

Ueber der Erde funkelte eine Sonnwendnacht mit tausend Sternen. Die Zaubernacht hatte den Waldhansailenzl mit dem „Getraudibüachl" auf den Kreuzweg beim Mörderloch gelockt, denn er hatte ein Anliegen, für das, wie es schien, keine menschliche Hilfe ausreichte. Er war nämlich in dem Alter, in dem den jungen Burschen das Fensterlngeh'n verleidet und sie die Fensterl lieber von innen sehen — im eigenen Heim mit einem jungen Weiberl. Kurz, der Lenzl wollte heiraten, aber es tat ihm die Wahl sov'I weh; er, der Hagmoar, der schneidigste Ranggler und Raffer, der beste Schütz und der „g'fixteste" Tänzer, er, dem die Schnaderhüpfeln seiner Lebtag nie ausgegangen sind, er mußte ein schneidiges Dianl krieg'n, „das a bois an Toifl in Leib hat."

Er hat schon Umschau gehalten, aber die Dianln waren ihm alle z' „muaßet" — bis auf eine — die Botenfanni. Die hat Schneid — ist sie ja gar zum Sennerinnenranggeln aufs Kitzbüchlerhorn gegangen und hat einen Preis herabgetragen!.... Aber merkwürdig, ihm, den Lenzl gegenüber war sie so viel „g‘schamig" und still und noch viel „muaßeter" als die anderen.... Und doch grad die war's, die dem Lenz passen und gefallen möcht', sie hat Augen wie die Brunellen so braun und alles war' recht, wenn's nur „a bois an Toifl im Leib hätt'".

Der Lenz hatte kaum das drittemal „Ripidipudifaxdihu" gesagt, als eine Flamme aus dem Erdboden schoß und der Herr der Finsternis mit schrecklich geringeltem Schweife vor ihm stand und ihn mit glühendem Atem anpfauchte:

„Was rufst Du mich, Erdenwurm?"

„I bitt' schön, i bin der Waldhansailenz .... Heirat'n mecht i."

„Und deswegen störst Du mich aus meiner Ruhe? . . . Brauchst Du denn da den Teufel dazu? D i e Dummheit bringen sonst die Leute ohne mich auch zusammen."

„Ja — aber, höllische Majestät, i find' halt kon MadI, — dös a bois an Toifl in Leib hat . . ."

„Ja so ... Da muß ich mich freilich auskennen; . . . aber vorher mußt Du mir einen Kontrakt unterzeichnen." Der Böse fuhr dem Lenzl mit seiner Klauenkralle über das Handgelenk, daß Blut hervorspritzte, zog hinter seinem Schweinsohr eine Rabenfeder hervor und schrieb mit dem Blute auf Pergament folgenden Kontrakt:

„Ich, Lorenz Waldner, verpflichte mich nach vierundzwanzig Jahren meiner Ehe, so der Teufel im Stande war, mir eine Ehefrau, nach meinen Wünschen zu verschaffen, demselben hinfüro in alle Ewigkeit zu dienen und ihm anzugehören."

„Ja", sagte der Lenzl kopfschüttelnd, „es sollt' halt das schneidige Dianl zugleich die G'wisse sein, die i moan und sov'I gern mecht. Das is d' Botenfanni; aber die hat halt koan Toifl im Leib, moan i halt."

„Also ich sorge, daß Du die Fanni kriegst und daß sie a bois an Toifl in' Leib kriegt. Und jetzt unterschreibe!"

Der Teufel lächelte, als er dem Lenz die Feder bot, dieser aber dachte, den dummen Teufel betrüge ich schon noch um meine Seele, und unterschrieb ohne Bangen.

Von der Dorfkirche schlug es Eins, der Teufel verschwand, der Lenzl aber holte sich eine Leiter und stieg zum Kammerfensterl der Fanni und ... in vier Wochen war Hochzeit . . .

Des Teufels Großmama wollte den Tag schon nicht mehr erwarten, an dem ihr Enkel den Lenzl holen sollte. Sie freute sich schon riesig auf ein ordentliches Bauerng'selchtes . . . Endlich waren die vierundzwanzig Jahre um, und der Teufel stieg in die Oberwelt ....

„Lump, Du miserabler, geahst schon wieder in's Wirtshaus!" hörte der Teufel rufen, als er vor Lenzls Haus kam, und gleich darauf sah er den Lenzl aus dem Haus stürzen. Ihm folgte in einer Geschindigkeit, die von einer wurfsicheren Hand zeugte, eine eiserne Pfanne, die ihm an den Kopf flog. Dann krachte die Türe zu, während man die Worte hörte: „Kannst die ganze Nacht draußen bleib'n, Bsuff, i laß Di g'wiß nit ein und wenn's Ladstöck regnet."

Es war nämlich eine wetterwilde Sonnwendnacht. Erschreckt sah der Lenzel den Teufel schon vor sich steh'n, erschreckt, weil ihm kein Mittel, den Teufel zu hintergehen, eingefallen war.

Ganz dertattert sagte er:

„Ja! Ja! Vierundzwanzig Jahr sein um ... Oes seid's recht pünktli und mit'm Kontrakt stimmt's a — sie hat schon an Toifl im Leib — fast a bois z'viel! Muß i iez mit Enk geh'n, Herr Teufel?"

Der Teufel aber gönnte seiner Großmutter das Bauerng'selchte nicht recht, weil sie gar so z'wider war, und sagte deshalb:

„Ich bin nicht hartherzig: — willst vielleicht noch dableiben?"

Verlegen kratzte sich der Lenzl hinter den Ohren:

„Iez woatz i fast net, wo's ebba feiner war, bei Dir oder bei mein' Weib?"

„Bei mir aber dauert es ewig", erwiderte der Höllenfürst.

„Ewig — ja dös dauert's bei mein Weib halt do nit — ja, was is aber mit'n Kontrakt?"

„Der Kontrakt ist ungültig. Ich darf Dich gar nicht zur Hölle führen. Du hast die Hölle auf der Welt. Ich habe Dir nichts verschafft; — das hättest Du ohne mich auch bekommen! — Aber Deinen Buben kannst Du's sagen: Jedes Frauenzimmer hat den Teufel im Leib!"

Dabei zündete der Teufel den Kontrakt am linken Nasenloche an und verschwand mit üblichem Gestank. Der Lenzl aber sagte kleinlaut: „'s war vielleicht do g'scheidter g'w e s'n, i war mit ihm gangen . . ." Dem Teufel aber riß seine Großmutter den Schwanz aus.

Quelle: Anton Renk, Kraut und Ruebn. Kleine Geschichten aus Tirol. Linz 1904, S. 51 - 57.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Helene Wallner, September 2005.
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