Von Innsbruck zum Piburger See

Wir sind nun von Innsbruck auf die Telfser Flur gekommen, wollen aber, bevor wir von ihr aus im Inntale weiter aufwärts schreiten, nachsehen, wie der Übergang von Ober-Leutasch her ins Inntal ausschaut.

Man gelangt zunächst auf eine Hochfläche, in welcher saftgrüne Birken und Krummholz stehen, die Primeln blühen und die Holztauben girren. Im Frühsommer wundert man sich nicht wenig über die zunehmende Entwicklung des Pflanzenwuchses, je mehr man sich abwärts steigend dem Inntale nähert. Die Kirschbäume stehen hier schon mit roten Früchten da, wenn draußen an der Isar sich kaum die Blüten entfalten.

Vom Birkenmoor und der Hochfläche geht es durch tief eingerissene Furchen und Gräben, die von unten nach oben dreieckig-keilförmig auseinandergehen nach den Falten, in denen die Häuser mit den schönen Bäumen stehen.

Hier sind aber nicht nur die anmutigen Idyllen dieser Ansiedelungen, sondern auch Szenen der Zerstörung zu sehen - sei es, daß sie in Waldverwüstung durch Menschenhand, sei es, daß sie von den Bächen und dem durch sie herabgeschwemmten weißen Kalkgeröll hervorgebracht wurde. Die Klamm des Mundi mit ihrem wilden Wasser gehört ohne weiteres zu den bedeutendsten Schaustücken des Alpenwalles zwischen Innsbruck und Landeck.

Von der Grauen Wand, die viele Absätze, Terrassen und Bänder hat, geht an Nachmittagen mancher Donnerhall ins Tal herab. Mehlweiß staubt es hier und dort auf. Es ist nicht immer leicht, dem Schall nach, der sich in den Klüften vervielfältigt, den Ort rasch aufzufinden, an welchem die Lawine den weißen Staub abwirft.

Quelle: Das Österreichische Seenbuch, Heinrich Noë, München 1867, S. 311 - 312.