Langbathseen [Langbadseen]

Auf dem Kamme eines Berges, welcher eine halbe Stunde von der Großen Alpe entfernt ist, erblickte ich bald darauf die beiden Gewässer. Die Umgebung dort war sonderbar wild. Die Schatten gejagter Wolken eilten über den Boden, den grelles Licht und dürre Blätter bedeckten. Überall rauschten die Wasser, und ein großer Geier flog gerade nach dem grünen Becken hinab.

Ich kam zuerst an den hinteren der beiden Seen. Er ist der schönere. Zwischen den Fichten seines westlichen Endes lagen die Schneetrümmer einer Lawine. An demselben Ende sind die steilen Mauern des Hochgebirges nur durch schmale Waldstreifen von seinem Wasser getrennt. Wir stehen auf einer Prügelbrücke über dem Ausfluß des Sees, an welche dieser, von den Schneebächen gehoben, bis an den Rand herreicht. Die kahlen Lärchen stehen gelbgrau da, wie manche der schneefreien Felswände oben. Der Frühling erscheint im Gesänge der Amseln und im Gras um den runden See. Schon blüht zwischen den frischen Halmen die Sommer-Gentiane und der weiße Petasites.

Vor der Einmündung des Baches in den zweiten See hängen die Buchen über ihn; den Schlußstein des Gewölbes stellt das wilde Höllengebirge dar. Bäume stehen auf moosigen Blöcken, die plötzlich Inseln geworden sind, im hoch angeschwellten See.

Den prächtigen See genießt man auf einem schönen Wege, welcher im Schatten von Buchen und Tannen an seinem Nordrande hinabführt. Die Ufer bieten so ziemlich dieselbe Ansicht wie die des hinteren Langbathsees, nur sind sie ein wenig mehr aus den Felswänden herausgerückt. Gerade heute vor einer halben Stunde ist die Seeklause geöffnet worden. Die Wucht der Flut, welche als Wassersturz aus dem Seebecken tost, soll die Hölzer nach Ebensee hinabreißen. Den ganzen Weg von hier bis zum Gestade des Traunsees hinab begleitet uns das unaufhörliche Anschlagen der Hunderttausende schwerer Scheite, welche während ihrer raschen Flucht gegen die Felswände des engen Bettes geschmettert werden.

An vielen Stellen des Bergbaches stehen Männer mitten unter feinem Sprühregen, um mit langen Stangen die Stämme von den Kiesbänken, auf welche sie geschleudert und hoch übereinandergetürmt worden sind, in die Wirbel zurückzudrängen. Ein gewaltiger Wasserfall nach dem andern unterbricht die jähe Bahn. Die Flut, beim Austritt aus dem See grasgrün, wird durch die zuströmenden Schneebäche weiter hinab immer mehr und mehr braungelb.

Wenige Schritte, bevor der Bach mit seinen hohen Wassertreppen Langbath oder Ebensee erreicht, erhob sich noch einmal ein breiter Nebel aus dem Wirrsal im Grunde eines Sturzes.

Auf der jetzt mächtigen Traun zogen die Salzschiffe mit gewaltiger Schnelligkeit gegen den Traunsee.

Quelle: Das Österreichische Seenbuch, Heinrich Noë, München 1867, S. 144 - 145.