Raubritterburgen - Die Veste Federaun

Niemand soll das Villacher Warmbad besuchen, ohne diesen Besuch bis zum Kastell Federaun auszudehnen. Man geht dahin entweder auf der Tarviser Landstraße, wobei man stets des Anblickes der Tannenwälder und darüber aufsteigenden Berghöhen genießt, oder, besser, über die Hochfläche und auf Waldungen. Auf beiden Wegen hat man etwa drei Viertelstunden nach Federaun zu gehen.

Als das Bett des Gailflusses noch nicht in künstliche Schranken verwiesen war, zog sich dieser Strom nahe am Fuße des Kalkfelsens von Federaun in Krümmungen der Drau entgegen. Jetzt ist ihm eine andere Bahn geschaffen worden, in welcher er rasch sich mit dem mächtigeren Strome vereinigt. Gleichwohl kann der Felsen von Federaun noch immer für den Reisenden auf dem Schienenwege als Markstein der Vereinigung von Gail und Drau gelten.

Zu den gewalttätigsten Raubrittern Kärntens gehörten stets jene, welche im Laufe der Jahrhunderte abwechselnd von ihrer im 'Rosental' gelegenen Veste her die Namen derer von Raß, Ras, Roseck, Rosegg führten. Auch Feraun fiel um die Mitte des 13. Jahrhunderts vorübergehend in die Hände eines dieser Wegelagerer. Von dort aus brandschatzte und plünderte er und wurde in kurzem, was man heute den Schrecken der Gegend, damals aber einen hochansehnlichen Herrn nannte.

Bei dem großen Erdbeben des Jahres 1348 stürzte ein Teil des Gesteines von der Villacher Alp ab und fielen auch die Mauern der Veste Federaun. Dieselbe wurde indessen bald stattlicher aufgebaut, aber schon zwei Jahrhunderte später ließ man die Burg verfallen. Der Umschwung der Verhältnisse hatte die Instandhaltung eines derartigen Bollwerkes unnötig gemacht.

Die Trümmer, das Steinwerk der Veste oben, sind jetzt von herrlichen Pflanzungen umgeben und bedeckt. Ein Garten erfreut an der Stelle des fast verschwundenen Bollwerkes. Für die geringe Mühe des Aufstieges bietet dieser Garten eine prächtige Aussicht über Berg und Tal - ohne Zweifel die schönste, die man auf gleicher Höhe in der ganzen Villacher Umgebung findet.

Man überblickt das untere Gail- und das obere Rosen- (Drau-)Tal bis zur Burg Rosegg. Gerade gegenüber erhebt sich der Krainberg, weiter links der Mittagskogel und die östlicheren Karawanken. Im Süden erblickt man außer den oft erwähnten Häuptern der Karnischen Alpen, insbesondere dem Mangart und Wischberg, die (1721 Meter über dem Meer gelegene) hochberühmte Wallfahrtskirche von Luschari, einen der ersten Pilgerorte von ganz Österreich, und, wie gewöhnlich, auf einem der herrlichst gelegenen. Der Montaccio, der zerrissene Gailtaler Mittagskogel (nicht mit dem der Karawanken zu verwechseln), die Villacher Alp, die Stadt und die darüber aufragende Görlitze stellen das farbenreiche Rund zusammen.

Quelle: Das Österreichische Seenbuch, Heinrich Noë, München 1867, S. 185 - 187.