Wörthersee

Klagenfurt ist aber vor allem im Sommer eine Badestadt. Das bewirkt der Wörthersee, der drei Kilometer entfernt liegt. Der See mit seinem klaren, lauen Wasser, in der Richtung von West nach Ost vor die Alpen hingelagert, ist kein eigentlicher Alpensee, wenn man unter diesem ein Gewässer mit steilen Ufern und drohenden Felswänden versteht. Das Gestade hat vielmehr den Charakter der Anmut - es besteht aus Wald, Feldern, Gärten. Der östliche, Klagenfurt näher gelegene, Teil des Gewässers übertrifft an Schönheit den westlichen.

Die Klagenfurter wissen, was sie an ihrem See besitzen. Zu Roß, zu Wagen, zu Fuß, im Schatten des erwähnten Baumganges neben dem Lendkanal her trachten sie nach seinen Ufern. Die ganze Stadt ist auf der Wanderschaft zum See. Außer diesen Wegen gibt es noch einen andern, der als morgendliche Wanderung unternehmenden Fußgängern zu empfehlen wäre. Derselbe geht von den Anlagen auf dem Kreuzberg aus durch den Wald zum Badeort Pörtschach (Station Maria-Wörth). Auf diesem Wege erblickt man hier und dort Spuren alter Gletschertätigkeit. Wo jetzt der Wörthersee sich ausbreitet, starrten zur Diluvialzeit die Eismassen des 'Drau-Gletschers'. Nach dem Verschwinden des Gletschers war der See offenbar eine Zeit hindurch das Bett der Drau, bis diese es vorzog, nach Süden abzubiegen und um die Sattnitzhöhen herum zu fließen. So stammt das Dasein des Wörthersees vom Gletscher ab.

Der erste Uferort, den man von Klagenfurt aus erreicht, ist Maria Loretto, auf einer Landzunge gelegen, drei Kilometer von der Stadt entfernt. Angenehmes Bad, schöner Garten, noch schönere Fernsicht. Von da wird in wenigen Minuten über den klaren See nach Maiernigg hinübergefahren.

Der geneigte Leser wird eingeladen, sich einen Junimorgen vorzustellen. Der Kahn bewegt sich auf der durchsichtigen Fläche. Im Uferschilf blühen die Seerosen, der See strahlt das Blau der Berge und des Himmels wider. Von allen Wäldern hallt Vogelsang auf den stillen Spiegel herein. Hier und dort fährt ein bewimpeltes Boot mit lustigen Menschen.

Allenthalben sind, wie sich von selbst versteht, am See Badeanstalten. Auch im Ausfluß des Sees, dem 'Glanfurt'-Flüßchen, und zwar zwei Kilometer südlich von Klagenfurt bei der Papiermühle, wohin Gesellschaftswagen verkehren, wird mit Vorliebe gebadet. Es ist ein weiches, mildes Wasser, welches in seiner Temperatur den Sommer über sich nicht viel verändert.

Längs des Sees, und zwar an seinem Nordufer hin, zieht sich die Eisenbahn, welche das wichtigste Verkehrsmittel zwischen der Stadt und den Sommerfrischen bleibt. Auch ein Dampfer durchfährt täglich zweimal den See in seiner ganzen Ausdehnung.

Wenn man von Krumpendorf nach Pörtschach und Maria-Wörth fährt, erblickt man jenseits des Sees auf dessen südlichem Ufer das grüne Talgelände von Reifnitz, durch welches in der Diluvialzeit die Gewässer des Plaschischensees mit denen des Wörthersees zusammenhingen. Über ihm erhebt sich das gotische Margareten-Kirchlein auf den Trümmern der verschollenen Veste Reifnitz.

Am besuchtesten am ganzen Seestrande ist die Umgegend von Pörtschach und Maria-Wörth. Auch geschichtlich hat diese Gegend den Vorrang vor den übrigen. Ihre Kirche wird im Zeitalter der Karolinger schon genannt. Dort ruhten einst die Gebeine der Märtyrer Primus und Felician, von welchen während des Mittelalters der ganze See den Namen trug.

Der östliche Teil der jetzigen Pfarrkirche zeigt den gotischen, der westliche den romanischen Stil. Nebenan steht übrigens ein alter Rundbau, als Beinhaus dienend, dessen Entstehung in noch frühere Zeit zurückzureichen scheint. Einzig ist diese Landschaft. Der weite See mit den grünen Waldzungen, die weißen Landhäuser, das hohe Gebirge im Süden, das lebhafte Treiben der Menschen bleiben sicherlich lange in der Erinnerung der Fremden. Diese werden ermahnt, den Molo, die 'Gloriette', den Park beim Aktienhôtel, die Halbinsel Maria-Wörth zu besuchen. Nirgends werden die Bäder mehr benutzt als hier.

Pörtschach dürfte jetzt der besuchteste Ort von Kärnten sein. Es hat sich unter den österreichischen Bädern einen Ruf erworben, der mit dem der besuchtesten Gegenden Salzburgs und Tirols wetteifert. Ein nicht geringer Reiz dieses Badeortes ist die Schnelligkeit, mit welcher der Gast vermittelst der Eisenbahn die Hochregionen der Ju-lischen Alpen erreichen oder sich in die herrlichen kühlen Berglüfte des Pustertales zu versetzen vermag.

Velden nimmt unter den Badeorten des Sees die zweite Stelle ein.

Quelle: Das Österreichische Seenbuch, Heinrich Noë, München 1867, S. 168 - 170.