Maria Lichtmeß

Ist dieser Tag ja doch der eigentlichste Neujahrstag für alles künftige Schaffen, für alle nun einsetzende Arbeit in Wiese, Feld und Weingart, die alles Lichte braucht, daß sie sprosse, wachse und gedeihe zu unserem Heile.

An diesem, Maria gewidmeten Tage werden die Kerzen geweiht, die im Ablauf des Jahres trostvoll und hoffnungsfroh hineinleuchten werden in unser Leben und Brauchtum von der Geburt bis zum Tode, in allerlei drohendes Unheil und Wetterunbill.

Gleicht doch Maria selber einer solchen Kerze, die unser ganzes Volksleben durchleuchtet, hell erstrahlt in ihren Festen, die das ganze Jahr durchsetzen, von den Altären der vielen, vielen ihr geweihten Kirchen und Kapellen, aus taufenden Bildstöcken, Hausfresken. Bildtafeln und Statuen auf öffentlichen Plätzen bis zur lieblichen Krippenfigur an der Wiege des Christkindes, denn von den ersten noch unbeholfenen Fresken in den Katakomben bis zum heutigen Tage, zu allen Zeiten war und ist Maria neben ihrem Sohne das anregendste Motiv aller und jeder Kunst. Und die Wände unserer Wallfahrtskirchen geben uns das Zeugnis, daß auch diese Kerze in unheilvolle Tage und Zeiten tröstend hineinstrahlt, geben Zeugnis durch die Votivgaben und durch Tafeln mit der einfachen aber trostreichen und alles befugenden Inschrift: "Maria hat geholfen!"

Die erste Marienkirche wurde zu Ephesus erbaut, wo Maria starb. Und - nicht nur in Südtirol ist Mariens Himmelfahrt einer der auserlesensten Feiertage voll Kerzenschimmer und Blumenduft mit dem Heilzauber der Dreißgenkräuter, voll Fluren- und Ährenprangen, durch das der Zug der Betenden wallt.

In diesem Kalender des Jahres 1957 brachte ich die Zufammenfassung: "Maria im Brauchtume Südtirols". sodaß es, darauf verweisend, keiner neuerlichen Ausführungen mehr bedarf.

Lichtmeß hat als bäuerlicher Neujahrstag auch weniger Erfreuliches an sich. Einmal ist es ein Zinstermin, sodann bringt es auch noch manchem Hofe den Dienstbotenwechsel und die Lüsener haben für diesen ungereimten Tag den Reim:

"Der Lichlmeßtag ärgert
Die Bauern vor allen:
Ist's Geld no so wenig,
An Lohn muß man zahlen.

Freilich scheiden Knecht oder Dirn mit ihrem "Plunder." meist erst am Agathen-Tag.

Lichtmeß zählt auch zu den bedeutsamen Lostagen:

"Scheint zu Lichtmeß die Sonne heiß,
Gibt's noch sehr viel Schnee und Eis."

Und die drei erwachten Winterschläfer Igel, Bär und Dachs verkriechen sich wieder in ihre Höhlen.

Allgemein gilt:

Lichtmeß im Klee,
Ostern im Schnee."

Um Lichtmeß wird die Krippe verräumt.

Quelle: Heilige im Südtiroler Volksleben, Hans Matscher, Brixen 1961, S. 3ff