Der Totentanz aus Elbigenalp - die Verse

1. Papst: Wohin des Menschen Fuss auf Erden tritt,
Da gehst Du an der Seite mit.
Tod: Zur Seite war ich immer  Dir
Jetzt gehst Du von dem Thron mit mir.

2. König: Ich bin Gebiethor in dem Reich.
Wer ist an Würde mir wohl gleich?
Tod: Der Krone Dir und Szepter gab,
Der nimmt Dir Deine Würde ab.

3. Künstler: Lass leben mich der Kunst allein,
Ich möcht durch sie verewigt sein.
Tod: Sieh, andern bring ich keinen Kranz,
Durch mich erhältst den Ruhm Du ganz.

4. Richter: Ich richte, wie der Codex lehrt,
Thu’ alles, wie's mein Fürst begehrt.
Tod: Ich breche jetzt den Stab auch Dir.
Herr Richter, komme nur mit mir.

5. Bürger: Lass mich bei Tanz und Saitenspiel
Noch fröhlich sein im Weltgewühl.
Tod: Verlassen muast Du Tanz und Spiel,
Jetzt tanz mit mir zum letzten Ziel.

6. Soldat: Hier stehe ich voll Heldenthat
Wie jeder tapfere Soldat.
Tod: Ja, Du stehst auf dem Feld der Ehr,
Durch mich erwirbst Du Dir Lorbeer.

7. Kind: Lass mich doch da, ich bin noch klein,
Lass mich bei meiner Mutter sein.
Tuod: Ich sehe nicht auf Klein und Gross
Und jedem werde ich sein Loos.

8. Mutter: Ist denn bei Dir gar kein Pardonn,
Nimmst Du mich von den Kleinen schon ?
Tod: Sieh, ich verrichte Deine Pflicht
Und bringe alles vor Gericht.

9. Arzt: Hier nehmet diese Gabe ein,
Sie wird gewiss zur Heilung sein.
Tod: Du willst die Kranke heilen hier,
Doch unverhofft musst Du mit mir.

10. Knab: Lass mich doch in der Stadt zurück!
Ich lebte wenge Augenblick.
Tod: Das Menschenleben geht in Eil
Und alles tödet dieser Pfeil,

11. Braut: Lass mich noch hier bei der Musik,
Lass mich noch hier und geh zurück!
Tod: Ich gebe Dir jetzt meine Hand
Und binde mit Dir ein neues Band.

12. Grossmutter: Lass mich doch da, nimm andere hier
Und lasse noch erzählen Dir,
Tod: Ich höre nicht auf Deine Wort,
Du musst wie Deine Kinder fort.

13. Bauer:Was willst schon da auf diesem Feld?
Besiegst denn Du dies ganze Welt?
Tod: Ich müh die Leut wie Du das Gras,
Nimm alles und mach keinen Spass.

14. Reicher: Bestechen lässt sich viel mit Geld,
Ich zahle, lass mich auf der Welt.
Tod: Ich will kein Gold, nur Dich allein,
Steh auf, ich will Dein Kutscher sein.

15. Bettler: Ich habe nichts, oft kein Stück Brod,
Lass mich noch hier in meiner Not.
Tod: Nein, Du musst fort, hier ist Dein End
Und auch vollendet Dein Elend.

16. Mörder: Du bist mir auch kein Freiheitsbot,
Ich glaub, Du führst mich aufs Schaffot!
Tod: Das Morden war Dir nicht erlaubt,
Jetzt schlag ich Dir auch ab das Haupt!

17. Magd: Du bist mir nicht der rechte Mann,
Ich schlag nach Dir, so lang ich kann.
Tod: Zu schwach bist Du, schlag Du nur zu,
Ich bring gewiss Dich heut zur Ruh.

18. Totengräber:Wer hätte das einst je gedacht,
Dass ich das Grab für mich gemacht?
Tod: Vollendet ist hier Dein Taglohn.
Geh mit mir jetzt, Du Erdensohn.

Quelle: A. Dürrwaechter, Der Totentanz und sein Fortleben, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg. Jg 25, 1898, S. 125-166.
© Digitale Version: www.SAGEN.at

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Anregungen und Ergänzungen: Berit Mrugalska