Das Lied des Metnitzer Totentanzes


mit einer Transskription von Harald Hartmann

Die Inschriften auf dem Metnitzer Totentanz sind nach dem oberdeutschen  Blockbuch ergänzt. Die Inschrift des Totentanzes beginnt mit der Moralpredigt der zwei Prediger, dann folgt unter jedem Figurenpaar der Dialog des Todes mit seinem Opfer. Die Schrift des Spruchbandes am Karner ist gotisch, die Sprache ein noch vom Mittelhochdeutschen beeinflusstes frühes Neuhochdeutsch.

Bei der Transskription in eine moderne Sprache wurde auf eine allzu wörtliche Übersetzung verzichtet. Es wurde vielmehr versucht, den Intalt der Verse, die Reime und den Klang des Liedes möglichst getreu zu erfassen.

Prolog

O deser werlde weysheit kint
Alle die noch ym leben sint
Setzt yn ewr Hercze zwey wort
die von cristo sint gehort
daseyne komet her dasander gehet hyn
durch des ersten die guten haben gewyn
so sie yn den Hymmel komen
Da nemen sie des guten fromen
das ander die bösen weyzet yn peyn
der hellen dy ouch ewig wirt seyn
darum ich euch getrewlich rathe
Tut euch abe oppiger thate
wenne dy zeit yst korcz yn desem leben
dor nach wirt ach und we gegeben
                ***
O dieser Weltenweisheit Kind
Alle, die noch im Leben sind
Setzt in Euer Herz zwei Wort’
Die von Christus sind gehört.
Das eine: kommt her, das andere: geht hin!
Durch das Erste haben die Guten Gewinn
Sobald sie in den Himmel kommen
Erfahren Sie des Guten Frommen.
Des Andere bringt den Bösen Pein
Der Hölle – Auch die wird ewig sein.
Drum lasst mich Euch getreulich Raten:
Lasst ab von unmäßigen Taten!
Wenn auch die Zeit ist kurz im Leben,
wird euch danach Ach, Weh gegeben

Der Franziskaner als Prediger, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Franziskaner als Prediger
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

dorch den zwefechegen tod
der die oppigen brengit yn not
wenne mit seyner pfeyfen geschrey
brengt her sie alle an seynen reyn
doran dy weyzen zu den sprungen
mit den toren werden getwungen
Als dezes gemeldis figuren
Synt eyn ebenbilde czu trawren

durch den zweimaligen Tod
der die Sünder bringt in Not,
Wenn er mit seiner Pfeife schreien
sie alle bringt in seinen Reigen.
Darin wird er auch Weise zwingen
mit den Toren umzuspringen.
So sind dies Gemäld’s Figuren wohl
für Euch zu trauern ein Symbol.

Der Dominikaner als Prediger, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Dominikaner als Prediger
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009


 

Der Papst
Her bobist merkt off meyner pawken don
Ir sullet dornach hie springen schon
Ir dorfet keyns dyspensieren
Der tod wil euch den tancz hofieren
Ich war eyn heiliger bobist genant
die weyle ich lebete ane forchte bekant
Nw werde ich gefurt frefillich
Czm tode ich were mich oppiglich

Herr Papst hört auf meiner Pauke Ton,
Hier sollt Ihr danach springen schon.
Ihr seid vom Reigen nicht befreit,
der Tod euch zu dem Tanz begleit’.
- Ich wurd’ ein heiliger Papst genannt,
im Leben ohne Furcht bekannt,
Zum Tod führt man mich rücksichtslos
meine heftige Wehr bleibt wirkungslos.


Der Papst und der Tod, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Papst und der Tod
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009


 

Der Kaiser
Her keyser euch hilft nicht das swert
Czeptir und crone sint hy nicht wert
Ich habe euch bey der hand genomen
Ir mußt an meynen reyen komen
Ich kunde das reich yn hoer eren
mit streyt und fechten wol gemeren
Nw hot der tod oberwunden mich
daz ich byn wedir keyser noch menschen gleich

Herr Kaiser, euch hilft nicht das Schwert.
Zepter und Krone sind hier nichts wert.
Ich habe euch bei der Hand genommen,
ihr müsst in meinen Reigen kommen.
- Ich konnt’ das Reich in hohen Ehren
mit Krieg und Gefechten wohl vermehren.
Nun hat der Tod überwunden mich,
dass ich weder Kaiser noch Menschen gleich.

DerTod holt den Kaiser, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Kaiser
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Die Kaiserin
Ich tancze euch vor frawe Keysereyn
Springt mir noch der rat yst meyn
die sperbrecher sint von euch gewichen
der tod hot euch alleyne derslichen
Wollust hatte meyn stolzer leib
do ich lebete als eyns keysers weib
Nw hot mich der tod zu schanden brocht
daz mir keyn frwd yst nw irdacht

Ich tanze euch vor, Frau Kaiserin.
Springt mir nach, der Rat ist mein.
Die Ritter sind von euch gewichen,
der Tod allein hat euch erschlichen.
- Wollust hatte mein stolzer Leib,
als ich lebte als eines Kaisers Weib.
Nun wird der Tod mich überwinden,
dass ich nie mehr kann Freude finden.

 

DerTod holt die Kaiserin, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt die Kaiserin
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der König
Her kunyg ewr gewald hot eyn ende
Ich wil euch füren bey den henden
An desir swarczen Brudertancz
Do gebt der tod euch eynen crancz
Ich habe alz eyn kunyg geweldigleich
die weld geregiret als wyn das reich
Nw byn ich mit des todis banden
Vorstrickt yn seynen handen

Herr König, eure Herrschaft wird nun enden,
ich werde euch führen an beiden Händen
an diesen schwarzen Brudertanz,
dort gibt der Tod euch einen Kranz.
- Ich habe als König gewaltenreich
die Welt regiert und auch das Reich.
Nun bin ich mit des Todes Banden
verstrickt in seinen Händen.

Der Tod und der König, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der König
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Kardinal
Springit off mit ewrem roten Hutt
Her cardinal der tancz yst gutt
Ir hat geseynet wol die leyen
Und mußt nw mit dem tode reyen
Ich was mit bobistlicher val
der heiligen kirchen cardinal
Nw byn ich dor zu getwungen gar
daz ich tancze an des todis schar

Springt auf mit eurem roten Hut,
Herr Kardinal, der Tanz ist gut!
Ihr habt gesegnet oft die Laien
und müsst nun mit dem Tode tanzen Reigen.
- Ich war durch des Papstes Wahl
der heiligen Kirche Kardinal,
Nun bin ich gezwungen gar,
dass ich tanze mit des Todes Schar.

Der Tod holt den Kardinal, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Kardinal
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Patriarch
Herr priarch nw lod euch syngen
Ir mußt mit mir den reyen springen
das zwefache crewcze loth fallen
der tod wil mit euch schallen
Ich habe das zwefache crewcze getragen
Als eyn patriarch bey meynen tagen
Nw wil mich der tod twingen
mit seynen geseln zu springen

Herr Patriarch, ich will euch singen.
Ihr müsst mit mir den Reigen springen.
Das zweifach Kreuz müsst von euch bringen,
des Todes Musik will mit euch erklingen.
- Ich habe das zweifache Kreuz getragen
als Patriarch zu meinen Tagen.
Nun will der Tod mich dazu zwingen,
mit seinen Gesellen zu springen.

Der Tod holt den Patriarch zum Reigen, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Patriarch zum Reigen
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009



 

Der Erzbischof
Seyt ir yn hoer wirde gesessen
Erczbischoff des yst gar vorgessen
Euch kan gehelfen wedir creucze noch pfaffen
Ir mußt tanzen ouch mit desen affen
Ich trug mit hoer wirdikeit
das creucze vor der pfafheit
als ein erczbischoff das tragen sal
Nw gee ich an deser toten czal

Ihr seid von hoher Würde gewesen,
Erzbischof, das ist vergessen.
Euch kann helfen weder Kreuz noch die Pfaffen,
ihr müsst auch noch tanzen mit diesen Affen.
- Ich trug mit hoher Würdigkeit
das Kreuz her vor der Geistlichkeit,
wie es einem Erzbischof geboten.
Nun geh’ ich mit der Zahl der Toten.

 

Der Tod holt den Erzbischof, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Erzbischof
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Herzog
Habit ir mit frawen ye hoch gesprungen
stolzer Herczog adir wol gesungen
das mußt ir an dezem reyen bussen
wol her lot euch die toten grussen
Ich habe die edlen hirren werth
Alz eyn Herczog geregiret mit dem swerth
Nu byn ich yn leynen cleydern glancz
Betwungen an des todis tancz

Seid ihr je mit Frauen hoch gesprungen,
stolzer Herzog, oder schön gesungen.
Das müsst ihr mit diesem Reigen büßen.
Wohl, Herr, lasst euch die Toten grüßen.
- Ich habe die edlen Herren wert
als ein Herzog regiert mit meinem Schwert.
Nun bin ich in leinern Kleider Glanz
gezwungen zu des Todes Tanz.

 

Der Tod holt den Herzog, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Herzog
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Bischof
Ewr wirde und ere hot sich vorkart
Her byschoff weyze und wol gelart
Ich wil euch an den reyen zyen
Do ir den tot nicht mogit entpflyen
Ich bin wirdiglich geerit wurden
dyweyle ich lebete yn byschoffsorden
Nw zyen mich dy ungeschaffen
Czu dem tode als eynen affen

Eure Würd’ und Ehr hat sich verkehrt,
Herr Bischof, weis’ und wohlgelehrt.
Ich will euch in den Reigen ziehen,
wo ihr dem Tod nicht könnt entfliehen.
- Ich bin mit Würde geehrt worden,
solang ich lebte im Bischofsorden.
Nun ziehen mich die, die ungeschaffen
zum Tode hin, wie einen Affen

Der Tod holt den Bischof, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Bischof
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Graf
Her grofe heist euch den keiser helfen
Ich brenge euch hie czu wilden welfen
mit den ir must tanczen yagen
Der tot wil euch des nicht vortragen
Ich was yn der werlde genant
Eyn edler grofe dem reyche bekant
Nw byn ich von dem tode gefel
und hie yn seynen tanczgezelt

Graf sein, heißt euch den Kaiser helfen.
Ich bring euch hier zu wilden Wölfen
denen müsst ihr einen Tanz gewähren.
Der Tod wird dies euch nicht verwehren
- Ich wurde in dieser Welt genannt
ein edler Graf, dem Reich bekannt.
Nun bin ich von dem Tod gefällt
und hier in seinem Tanzgezelt.

Der Tod holt den Graf, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Graf
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Abt
Tanczt mir noch Herkogilweyt
Wy wol daz ir eyn apt seyt
Ir must des todis regil halden
der wil ewers leybis walden
Ich habe vil monche als eyn apt gelert
Garstrenge dirczogen und wol gemert
Nu byn ich selbir hie betwungen
und mit des todis regil gedrungen

Tanzt, Herr mit der Kukulle weit,
obwohl ihr ein Abt seid.
Ihr müsst des Todes Regel halten.
Der will eures Leibes walten.
- Als Abt hab’ ich viele Mönche gelehrt,
gar strenge erzogen und gut ernährt.
Nun bin ich selber hier bezwängt
und mit des Todes Regel bedrängt.

Der Tod holt den Abt, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Abt
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Ritter
Her rytter ir seyt angeschreiben
das ir nw ryttirschaft must treiben
Mit deme tode und seynen knechten
Euch hilft wedir schympf noch fechten
Ich habe als eyn strenger rytter gut
der werlt gedynet an hoem mut
Nu byn ich wedir ryttersorden
An dezen tancz getwungen worden

Herr Ritter, es steht auf meinem Schreiben,
dass ihr nun Ritterschaft müsst treiben
mit dem Tod und seinen Knechten.
Euch hilft weder Streit noch fechten.
- Ich habe als ein strenger Ritter gut
der Welt gedient mit hohem Mut.
Ich bin gegen den Rittersorden
zu diesem Tanz gezwungen worden.

Der Tod holt den Ritter, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Ritter
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009


 

Der Jurist
Das ortil yst alzo gegeben
Das ir lenger nicht sullet leben
Her iurist dis tut des todis craft
Mogit ir zo beweist ewr meistörschaft
kein appellieren czu desir czeit
Hilft vor todis harten streyth
Her obirwint myt seynem geslecht
das geistliche und das weltliche recht

Der Urteilspruch ist nun gegeben,
dass ihr sollt nicht länger leben.
Herr Jurist, dies tut des Todes Kraft,
beweist nun eure Meisterschaft!
- Keine Berufung zu dieser Zeit
hilft vor des Todes harten Streit.
Er überwindet mit seinem Geschlecht
das geistliche und das weltliche Recht. 

Der Tod und der Jurist, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der Jurist
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Chorherr
Her korpfaffe habit ir gesungen vor
Süßen gesang yn ewrem kor
So merkt off meyner pfeyfen schal
die vorkundit euch des todis val
Ich habe als eyn korhirre frey
Gesungen manche lipliche melodey
des todis pfeyfe stet deme nicht gleich.
Sy hat zo zere dirschreckt mich

Herr Chorherr, habt ihr auch gesungen vor
schönen Gesang in eurem Chor,
so hört auf meiner Pfeife Schall,
die euch verkündet den Todesfall.
- Ich habe als Chorherr gesungen frei
so manche liebliche Melodei.
Des Todes Pfeife ist damit nicht zu vergleichen,
Sie erschreckt so sehr mich und meinesgleichen.

Der Tod und der Chorherr, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der Chorherr
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Akademiker

kein Text

Der Tod und der Akademiker, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der Akademiker
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Arzt
Her arczt thut euch selbir rat
mit ewir meisterlichen tat
Ich für euch czu des todis gesellen
Dy mit euch hie tanczen wellen
Ich habe myt meynem harnschawen
Gesund gemacht man und frawen
Wer wil nw machen mich gesund
Ich byn czu deme tode wund

Herr Arzt tut euch nun selber Rat
mit eurer meisterlichen Tat.
Ich führ euch zu des Todes Gefolgen,
die mit euch hier tanzen wollen.
- Ich habe mit meinem Harnschauen
gesund gemacht Männer und Frauen.
Wer will nun lassen mich gesunden?
Ich trage schon des Todes Wunden.

Der Tod und der Arzt, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der Arzt
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Edelmann
Komet her ir edler man
Ir mußt der Sterke pflegen an
mit deme tode der nymandis schont
legit ir nw oben euch wirt gelont
Ich habe manchen man dirschreckit
Der wol was mit harnisch bedeckit
Nu irschreckit mich hie der tod
Und brengit yn die engistliche not

Edelmann, kommt her zum Reigen,
Ihr müsst jetzt eure Stärke zeigen
mit dem Tod, der niemanden schont.
Überwindet ihn, euch wird’s gelohnt.
- Ich habe manchen Mann erschreckt,
der gut mit Harnisch war bedeckt,
nun erschreckt mich hier der Tod,
bringt mich in Angst und große Not.

Der Tod und der Edelmann, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der Edelmann
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Die Edelfrau
Edilfrawe tanczt nach ewrem synne
das dy pfeyfe rechte don gewynne
Sy hat der frawen vor vil betrogen
die allir der tod hot hyngeczogen
Ich solde treiben iuchczens vil
Sehe ich vor mir der freuden spil
Des todis pfeyfe mich betreuget
Der tanczgesang hie felschlichen leuget

Edelfrau, tanzt nach eurem Sinne,
dass der Pfeife rechter Ton gewinne.
Sie hat viele Frauen bereits betrogen,
die hier der Tod schon hat hingezogen.
- Ich sollte treiben des Jauchzens viel,
sehe ich vor mir der Freuden Spiel.
Des Todes Pfeife mich betrüget,
der Tanzgesang hier fälschlich lüget!

Der Tod und die Edelfrau, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und die Edelfrau
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Kaufmann
Her kawfman was hilft euch ewir irwerben
Dy czeyt ist hie das ir mußt sterben
der tot nympt wedir gut noch goben
Tanczt mir noch her wil euch haben.
Ich hette mich czu leben vorsorgit wol
daß schrein und kasten weren vol
Nu hot der tot meyne gobe vorsmacht
und mich umb leib und gut gebrocht

Herr Kaufmann, was hilft euch euer Erwerben?
Die Zeit ist da, dass ihr müsst sterben.
Der Tod nimmt weder Gut noch Gaben,
tanzt mir nach, ich will euch haben.
- Zu Lebzeiten hatte ich vorgesorgt wohl,
dass Truhe und Kasten waren voll.
Nun hat der Tod verschmäht mein weltlich Gut
und mich gebracht um Leib und Gut.

Der Tod holt den Kaufmann, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Kaufmann
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009


 

Die Nonne
Fraw nonne ir dunkt euch subtil
Dezen reyen ich mit euch tanczen will
Werft von euch den sarpular
Ir mußt hie mit den toten farn
Ich habe yn dem closter meyn
Gote gedynet alz eyn geweytis noneleyn
was hilft mich nw meyn beten
Ich muß des todis reyen treten

Frau Nonne ihr dünkt euch allzu fein.
Nun will ich mit euch tanzen den Reigen.
Werft von euch des Schleiers Garn,
ihr müsst jetzt zu den Toten fahren.
- Ich habe in dem Kloster mein
Gott gedient als geweihtes Nönnlein.
Was hilft mir nun mein beten;
Ich muss in des Todes Reihen treten.

Der Tod holt die Nonne, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt die Nonne
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Kranke
Hynke heran myt deyner krucken
Deyn ding das wil sich gelucken
Dich haben die lebenden nicht we gut
Der tot dir besundern gnade tut
Eyn armer geiler hie ym leben
Czu eynem frunde yst nymande eben
Abir der tot wil seyn frund seyn
Her nympt den armen mit dem reichen hyn

Hinke heran mit deiner Krücke,
auf dass dein Ding am Ende glücke.
Schlechtes erfuhrst du nur im Leben
Der Tod wird dir besondere Gnade geben.
- Ein armer Narr in diesem Leben,
so eines Freund ist niemand eben.
Der der Tod will sein ein Freund,
Den Armen er mit Reichem eint.

Der Tod holt den Kranken, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Kranken
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009


 

Der Koch
Koch du kanst gute pfeffirlyn machen
Hoppe off ich wil dich besachen
Dy do vorne an dem reyen sleichen
den saltu pfeffirlyn ynstreichen
Ich habe irlert vil pfeffirsecke
und gemacht manch süße gelecke
doch kud ich des kostlyns nye finden
darmethe ich den tot möchte obirwinden

Koch, du machst gute Pfefferkuchen machen,
spring auf, ich gib dir alle Sachen.
Die vorne in dem Reigen schleichen,
denen sollst du Lebkuchen einstreichen.
- Ich habe geleert viele Pfeffersäcke
und gemacht manche süßen Gelecke,
doch konnte ich die Köstlichkeit nie finden,
mit der ich den Tod könnt’ überwinden.

Der Tod holt den Koch, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt den Koch
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Der Bauer
Pewrlyn mit deynen schuen grob
Rawsche her du mußt irwerben lob
An dezem tancze dahynden
Do wil der tot dich fynden
Ich han gehabt vil arbeit groß
der sweiz mir durch dy haut floß
Noch wolde ich gerne dem tot entpflyn
Zo habe ich des gelücks nit hyn

Bäuerlein mit deinen Schuhen grob,
rasch her, du musst erwerben Lob.
Bei diesem Tanz da hinten,
da will der Tod dich finden!
- Ich hab gehabt viel Arbeit, groß,
der Schweiß mir durch die Poren floss.
Noch wollt’ ich entfliehen dem Tod ein Stück,
doch habe ich dabei kein Glück.

Der Tod und der Bauer, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod und der Bauer
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Das Kind
Kreuch her an du mußt hy tanczen lern
Weyne adir lache ich hore dich gern
Hettistu den totten yn dem munde
Es hilft dich nicht an desir stunde
Awe liebe muter meyn
Eyn swarczer man czeut mich do hyn
Wy wiltu mich nw vorlan
Nw muß ich tanczen und kan noch nicht gan

Kriech heran, das Tanzen lern!
Wein oder lach, das höre ich gern!
Hättest du auch die Brust an dem Munde,
Es hilft dir nicht in dieser Stunde
O, Weh, liebe Mutter mein,
Ein schwarzer Mann zieht mich da hinein!
Warum willst du mich nun verlassen?
Ich kann noch nicht gehen jetzt muss ich tanzen!

Der Tod holt das Kind, Metnitzer Totentanz © Harald Hartmann
Der Tod holt das Kind
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

 

Die Mutter
Nw sweiget und lot ewir krigen
loft dem kinde noch mit der wygen
ir mußt alle beyde an desen tancz
Fraw lacht zo wirt der schympf gancz
O kind ich wold dich haben irlost
Nw ist empfallen mir der trost
Der tod hot das vorkomen
und mich mit dir genomen

Nun schweigt und lasst euer bekriegen,
Lauf nach dem Kind mit der Wiegen!
Ihr müsst alle beide zu diesem Tanz
Lach, Frau! – Der Scherz wird dann ganz.
- O, Kind ich hätte dich gerne erlöst.
Nun ist mir entfallen, was dich tröst’.
Der Tod it zuvor dem gekommen
und hat mich mit dir genommen.


Der Tod holt die Mutter
Metnitzer Totentanz, Kärnten (Österreich)
© Harald Hartmann, Februar 2009

 

Hinweis:

bitte besuchen Sie auch die offizielle Seite zum Metnitzer Totentanz: https://www.totentanz.eu/