Auffahrt zur Alpe.

Wenn die Speiern 1) und Schwalben ins Dorf kommen, hört man schon allenthalben singen:

"Jetzt kommt bald die schöne Frühlingszeit,
Wo man d'Küh'le auf d'Alm auffi 2) treibt".

oder weil diese festliche Auffahrt gewöhnlich am Veitstag (15. Juni) stattfindet:

"Veitstag bricht an,
Wo man auf d'Alm fahren kann."

Allmählich fangen die Auen und Wiesgründe voller und üppiger zu grünen an, die Saat sprießt und in den blühenden Obstbaumgärten schlagen die muntern Finken. Da kommt eines schönen Tages der Alpenhirt, der während des Winters bei einem Bauer Fütterer gewesen, läßt die Kühe aus dem Stall und treibt sie zum erstenmale auf die Gemeindeplätz-Atzungen [lies: Gemeindeplatz-Atzungen] zur Weide.

1) Spierschwalbe (hirundo apus).
2) aufhin = hinauf.

Ein solcher erster Viehaustrieb ist natürlich ein Fest für das ganze Dorf, vorzüglich aber für die Buben, welche von diesem Ereignis schon den halben Winter hindurch phantasiert haben. Die Kühe, der langentbehrten Freiheit froh, setzen in mutigen Sprüngen schellenklingend durch das Dorf und, sind sie erst auf der freien Wiese draußen, so senkt jede kampflustig ihre Hörner und mißt ihre Stärke mit der andern. So ein Zweikampf ist nun jedesmal ein Hauptspektakel für die Jungen. Der Sepp prahlt mit seiner Braunen, der Jörgl aber will es nicht gelten lassen und wettet sogar den neuen Silbersechser, den er erst vorigen Sonntag "vom "Göth" (Paten) bekommen, daß seine "Tscheckete" den "Stafel" (Sieg beim Zweikampfe) haben werde. Nun wird hin- und hergestritten, Parteien bilden sich und der glückliche Besitzer der siegenden Kuh läßt sich von seinen Kameraden bejubeln und beneiden, wie ein Feldherr nach gewonnener Schlacht, während jener, der die Wette verloren, ein essigsaures Gesicht schneidet. Indes die erlittene Schmach ist bald wieder vergessen und wenn es gilt, ein lustiges Spiel oder einen tollen Streich auszuführen, so ist die ganze Rotte einträchtig dabei. Da werden Vogelnester gesucht und ausgenommen, der Kuckuck nachgeäfft, dann wieder mit Steinen "gewatschelet" und wie diese ländlichen Bubenvergnügen alle heißen. Zur Abwechslung zieht ein Hungriger sein Stück Schwarzbrot aus dem Sack und beißt herzhaft hinein; es schmeckt trefflich, besser als fette Nudeln und Nocken, mit welchen sich unterdessen Eltern und Geschwister beim heimatlichen Mittagstisch gütlich tun. Erst abends kehren die Buben mit Hirt und Heerde heim, wobei sie dem ersteren noch fein ordentlich die Kühe nach Hause treiben helfen. Es gewährt ein recht hübsches Bild, wenn eine solche Rinderheerde mit Schellenklang, gefolgt vom Hirten und den barfüßigen jauchzenden und schnalzenden Jungen in das friedliche Dorf einzieht, während die Männer und Burschen plaudernd und pfeifenschmauchend auf den Hausbänken sitzen, um nach der Tagesarbeit Rast zu halten. Die Ankömmlinge bringen natürlich einen Heidenappetit mit. Die Buben stürmen in die Küche und erbetteln von der Mutter einen frischgebackenen "Küchel"; der Hirt setzt sich an den Stubentisch, wo allsogleich die dampfende Suppenschüssel aufgetragen wird. Er bekommt nämlich nach der "Rod" (Reihe) bei den Bauern die Kost.

So geht es einige Wochen fort. Immer heller und verlockender leuchten die Mähder und Almplätze von den Bergen herunter, bis endlich der ersehnte Tag der Almauffahrt heranrückt.

Unterdessen wird auf der Alpenhütte alles zum Empfang der zwei- und vierbeinigen Gäste hergerichtet. Im Oberinntal, wo es größtenteils Gemeindealpen gibt, nimmt man die Sache besonders genau. Die Gemeinde entsendet eine Kommission, an ihrer Spitze den "Bergmeister", der die ganze Almwirtschaft zu überwachen hat, zur Besichtigung aller Räumlichkeiten und Vorrichtungen. Da werden die Zäune, die sich um den Hag herum oder an anderen gefährlichen Stellen befinden, sorgfältig ausgebessert, die Geräte und Milchgeschirre geordnet und in gehörigen Stand gesetzt. Ferner düngt man die sogenannten Nachtgampen mit dem Mist, der vor der Almhütte oder, wie man in jener Gegend sagt, "Taie" aufgeschichtet liegt. Ein Mann, derselbe, welchem später das Amt eines "Grashirten" obliegt, bleibt schon jetzt auf der Alpe, um Holz herbeizuschaffen und das "Geziefer" (Ziegen und Schafe) von den Grasplätzen fernzuhalten.

Am Vorabend des Veitstages endlich begibt sich der Bergmeister auf den Kirchplatz, wo der tägliche Abendrosenkranz die Dorfbewohner versammelt und kündigt kurz und bündig an: "Morgen früh fahrt man ab." Nun gibt es in jedem beteiligten Hause Arbeit in Hülle und Fülle. Vor allem packt die Hausfrau die Lebensmittel für die Sennleute in einen Korb oder Sack. Es besteht nämlich die Vorschrift, daß jede Partei ein nach der Anzahl der Kühe berechnetes Anteil von Mehl, Brot, Salz und Hülsenfrüchten zur Verköstigung des Sennvolkes auf die Alpe schaffen muß. Diese Versorgung mit Zehrbedarf geschieht zweimal, am Tage der Auffahrt und später beim ersten "Abtragen", d. h. wenn der erste Teil des Alpennutzens in das Tal geschafft wird. Auch die Buben machen sich mit ungewohnter Geschäftigkeit zu tun. Sie suchen auf der Bodenkammer die Stricke und großen Kuhschellen (Klumpern) zusammen und lärmen damit Tür aus, Tür ein. Schöne "Klumpern" zu haben, ist der Stolz des Besitzers. Der Bauer aber geht in den Stall, wo feine lieben Kühe zum letztenmal der Nachtruhe pflegen und gibt ihnen die "Mieth" zu fressen, d. i. geweihtes Mehl mit Salz vermengt, damit sie auf der Alpe kein Unglück treffen möge.

Ähnlich, nur viel großartiger, find die Vorbereitungen zur Auffahrt im wohlhabenden und vielgesegneten Unterinntal, wo fast jeder bessere Bauer seine eigene Alpe besitzt und einen Stolz darein setzt, sein lebendes Kapital in würdiger Weise aufmarschieren zu lassen. Wollen wir die Auffahrt mit ansehen, so müssen mir uns mit den Andern zeitig zu Bett begeben. In der Kammer, wo Bauer und Bäuerin schlafen, ist so schon alles dunkel, auch bei den Dirnen und Knechten rührt sich keine Maus mehr; nur am äußersten Fenster, wo die schmucke Burgel ihre "Liegerstatt" hat, wispert und pispert es noch eine gute Weile.

Ein herrlicher Junitag dämmert durch das Tal herauf. Reine kühlende Lüftchen streichen über das tauige Gras und am blaugrauen wolkenlosen Himmel steht noch der glänzende Morgenstern. Schon vor dem ersten Hahnenschrei spürt man im Hause eine gewisse Lebendigkeit. Durchs Küchenfenster leuchtet heller Schein und aus dem Schornstein wirbelt dichter Rauch mit kleinen Fünkchen, die wie Johanniskäferchen über das Dach fliegen. Die Bäuerin steht am Herd und kocht das Beste, das sie hat, nämlich Küchel, wie solche sonst nur der Kirchtag bringt, und die köstlichsten Nocken. Der Bauer zieht zu Ehren des Tages bessere Kleider an und eilt mit leuchtendem Gesicht zum Stalle, um beim Vieh nachzusehen. Hier geht es ebenfalls schon laut und geschäftig. Die Kühe werden beim Scheine der Laterne gemolken und die großen Glocken und Schellen mit den prächtigen Riemen in Bereitschaft gestellt. Vor dem Hause steht das "Almwagerl", auf dem sich die verpackten Lebensmittel, Almgeräte, auch Kleider, Decken und dergleichen für die Sennleute befinden.

Unterdessen sind ein paar Stunden vergangen, die Sonne strahlt in goldener Pracht am östlichen Himmel und die Kirchturmuhr schlägt die sechste Morgenstunde. Nun setzt sich der Bauer samt feiner ganzen Familie, der Senn, die Hirten und jene Knechte, welche die Heerde der größeren Sicherheit halber begleiten müssen, an den großen Stubentisch zum Ausfahrtsfrühstück, bei dem nebst den benannten Kirchtagsspeisen noch rahmige Milch mit - was eine Seltenheit ist - weißen Semmeln aufgetischt wird. Zum Schluß macht jeder einen tüchtigen Zug aus der gefüllten Schnapsflasche, Hierauf wird Abschied genommen. Die Bäuerin und die Töchter des Hauses verehren den Almfahrern riesige "Reisebüschel" von Frühlingsblumen oder gar Rosmarinsträußchen, dort und da mit "Taglgold" (Büchelgold) beklebt, zu welchen in Ermangelung natürlicher künstliche Röschen, "Wienerröslen" genannt, gebunden sind und schmücken ihnen damit die Hüte. Darauf drückt man sich mit einem herzlichen "Wünsch' Glück und b'hüt' Gott so" die Hand. Der Stall wird geöffnet, die Kühe springen mit lautem Schellengeklümper und Glockengetön heraus und der Zug setzt sich in Bewegung. Bauer und Bäuerin bleiben unter der Haustüre stehen und schauen den Scheidenden nach, bis sie dem Auge entschwinden.

Dem Zuge voran schreitet als Führer pfeifend und jodelnd der Senn. In der Rechten hält er einen künstlich geschnitzten Bergstock, auf dem Rücken trägt er eine Kraxe, auf der das schön bemalte "Trücherl" prangt, welches seine Habseligkeiten birgt. Hinter ihm geht die schöne "Leitkuh", welche schon ein paarmal auf der Alpe war, daher den Weg kennt. Ihr folgen die Milchkühe nebst einem oder zwei Stieren. Sie alle haben gestickte Riemen um den Hals, an denen tönende Glocken oder große "klumpernde" Schellen baumeln. Die Stiere müssen nebstdem die Ketten tragen. Hierauf kommt das Galtvieh, Kälber, Schafe und Ziegen, welche ein beigegebener Knecht in Zucht und Schranken halten muß, dann die grunzenden Schweine und endlich zum Schluß das wohlbepackte Almwagerl. An manchen Orten machen die Ziegen den Anfang des Zuges, weil sie gerne voran sind und sehr schnell gehen. Die Ordnung wird streng eingehalten, nur der muntere Spitz hat davon Erlaß und schnobert bald links bald rechts herum. Oft begleitet der Bauer mit feinen Buben das Vieh noch eine Strecke, bis der eigentliche Alpenweg beginnt, wo er Abschied nimmt und seinen Schatz noch besonders eindringlich der Obsorge empfiehlt. "Schaugt's ma", sagt er, "daß All's wieda g'sund hoam kimmt".

Sobald man aus dem Bereich der Wohnungen gekommen ist, nimmt man dem Alpenvieh die schweren Glocken ab. Gewöhnlich werden sie in einem bekannten Hause bis zur Rückkehr zur Verwahrung gegeben. Die kleinen Schellen aber behält man. Von da an bewegt sich der Zug freier, der Senn sieht nicht mehr so genau auf Ordnung, und hält an geeigneten Stellen öftere Rast.

So gelangt man endlich auf die "Vorasten" und "Niederleger", wo das Vieh die ersten Wochen der Almzeit zubringt, bis es mit dem Fortschreiten des Pflanzenwuchses zu den oberen Almen, den sogenannten "Hochlegern" aufrückt. Es sind nur ein paar niedrige Hütten von Holz, manchmal auch von Stein, mit kleinen Fensterchen und einem Dach von großen Schindeln mit Steinen beschwert. Die Tür ist mit ein paar Brettern notdürftig geschlossen, denn hier gibt es keine Schätze zu stehlen. Neben der Hütte befindet sich oft ein umzäunter Platz für Schweine oder Kleinvieh und nicht weit davon ein Brunnen mit weitem Trog zur Tränke. Ebenso einfach ist auch die Einrichtung der Alpenhütte, die oft kaum so hoch ist, daß man aufrecht darin stehen kann. In einer Ecke liegt die Herdgrube mit einem beweglichen Tragbalken zum Aufhängen des Käsekessels. Einige Gestelle, auf denen der Senner die Käseformen zurecht legt, ein Pfannenholz mit ein paar rußigen Pfannen, ein notdürftig gezimmerter Tisch, mit Sitzbank - das ist die ganze Einrichtung. Mehr Sorgfalt wird auf den Milchkeller verwendet; er ist der Stolz des Senners. Oft befindet er sich halb in den Boden eingegraben, oft sprudelt auch eine frische Quelle darin, die immer Kühlung verbreitet.

Das sind nun freilich die Sennhütten einfachster Art, gewöhnlich auf Kleinalmen, die nur den Auftrieb einer beschränkten Anzahl von Kühen gestatten. Auf großen Nieder- und Hochlegern befindet sich oft eine ziemliche Reihe von Hütten, besonders auf den großen Gemeinde- und Gesellschaftsalpen des Unterinntals und Pustertals. So hat z. B. die Hochlizum auf dem breiten Kar zwischen Wattental und Lavis zehn Kaserhütten, zwanzig Viehhäge und zehn bis zwölf Sauhäge. Nicht weniger wird die große Zemm im Achental besitzen. Diese Hütten bilden oft ein förmliches Alpendorf, das auf der grünen Matte ganz malerisch daliegt, vorzüglich wenn eine Kapelle oder ein altes Wetterkreuz als Staffage dient. Eine solche Anfiedlung, mitten hineingestellt in die großartigste Alpenlandschaft, ist der "Nenzinger Himmel" in Gamperdona, einem Seitentale des vorarlbergischen innern Walgau. Freilich weiden auf den saftreichen "Pleißen" und Triften anderthalbtausend Stück Vieh.

Wir können von der Alpe nicht Abschied nehmen, ohne zuvor noch der "Almsprüche" zu gedenken, welche an der Innen- oder Außenseite mancher Sennhütte angebracht sind. Leider ist auch diese Sitte, gleich den Hausaufschriften, dank der immer mehr um sich greifenden Niederreißungswut gegen alles Hergebrachte im Absterben begriffen und man muß jetzt schon froh sein, wenn man bei derlei Nachfragen vom betreffenden Sennen nicht ausgelacht wird. Diese Sprüche sind nicht immer durch die Schrift festgenagelt, sondern laufen häufig nur so im Volksmund um; wo sie erhalten sind, findet man sie entweder über der Eingangstür oder an einem Pfahl oder innen, gewöhnlich an der Tür zum Milchgaden. Meistens enthalten sie eine zutreffende Charakteristik der Lage und Gegend, in der sich die Alpe befindet, oder sie berichten oft mit Lob oder beißendem Spotte von dem reicheren oder geringeren Erträgnis derselben. So heißt es von der herrlichen Alpe Klausen in Brandenberg:

In der Klausen
Thut der Kübel brav sausen.

Den gleichen Spruch führt die Alpe Klausen im Zemmgrunde. In diesem reizenden Seitentale des Zillertales hat fast jede Alm ihren Denkspruch. Zuerst kommt Kaselar:

Z'Kaselar wär 's schon fein,
Wenn man nit müßt' tragen
Das Schmalz von außen herein.

Den Grund des Spottreimes auf diese Alpe, die ohnehin schon einen etwas bedenklichen Namen führt, werden wir gleich hören. Nach kurzem Wege kommen wir nach Breitlahner. Auf dieser Alpe, die den Spruch führt:


Breitlahner,
Schottensamer 1),

1) samen entweder langsam rühren oder auf Saumtieren fortchaffen [lies: fortschaffen], saumen. [Anmerkung des Korrektors: Schotten = westösterr. für Quark]

weil sie wegen ihrer schlechten Weide wenig Butter aber desto mehr Schotten erzeugt, befindet sich die Hauptniederlage der Älpler in der Zemm, d. h. von allen acht Alpen in diesem Tale, darunter Schwarzenstein, Waxegg, Grawand, fließen hier die Erzeugnisse an Butter, Käse und Schotten zusammen. Die Melker oder Hirten tragen gewöhnlich jeden zweiten oder dritten Tag die Vorräte der letzten Tage dahin. Von da werden sie durch einen eigenen Träger ins Tal befördert, d. h. der Käse; denn Butter und Schotten wurden wenigstens früher schon von der Alpe aus weiter verkauft. Dieser eben genannte Umstand gab auch Veranlassung zum Spruche der zweitnächsten Alpe, nämlich Grawand. Er lautet:

Z'Grawand
Ist der Schinder bei der Hand.

Der Grawander "Schinder" ist nämlich der steile Bergrücken, der genannte Alpe von Breitlahner trennt und über den die Melker, wie wir hörten, jeden zweiten Tag die Last dahin bringen müssen. Nimmt man das Erträgnis von beiläufig dreißig Kühen, so wird von einem Zentner nicht viel fehlen, den sie zu schleppen haben, und man begreift, warum diese steile Anhöhe "Schinder" heißt und warum die Älpler von Grawand ihn in ihrem Denkspruche verewigten. Dann kommt die Alpe Waxegg:

Z'Waxegg
Gibt's kleine Butter
Und große Schotten.

Der gleiche Grund wie bei Breitlahner. Die Alpe Schwarzenstein, die höchstgelegene des Zemmgrundes, hat den Denkspruch:

Z'Schwarzenstein
Kleine Wadel, große Bein
Und Enkel (Knöchel) wie die Zentnerstein.

Man sieht, bloß der Zemmgrund gibt schon eine ganz einträgliche Lese von derlei Sprüchen. Von der Alpe Schönbichl im Schartental geht der Spruch:

Z'Schönbichl ist den Kühen wohl
Und wohl aa' dem Kübel,
Den Melchern aber übel,

weil die Weide gut ist, die Melker aber viel Arbeit haben. Ebenso heißt es von der Alpe Sattl:

Auf Sattl
Gehn d'Melcher sell (selbst) mit der Gschpattl (Schachtel).

Sonst pflegen Bettler, die die Almen abstreichen, in Schachteln ihr Erbetteltes zu sammeln. Noch einen aus der Floite im hintern Zillertal will ich hersetzen:

Farbeneben
Haben s' die Muspfannen vergeben,
Aft (nach, hinter) Gunkl
Haben sie s' wieder 'fund'n.

Auf welches denkwürdige Ereignis sich dieser Spottreim bezieht, konnte ich nicht ermitteln.

Mit solchen Denksprüchen sind sehr häufig auch die innern Räume der Sennhütte verziert, sowie auch mit andern, die religiöser Natur sind, z. B.:

Dem Senn und Vieh auf Wegen
Gibt Gott der Herr sein' Segen.

oder:

Der Herr laßt wachsen für das Vieh
Das Gras auf hohen Bergen,
Es muß auch hier auf dieser Alp
Viel Vieh erhalten werden.

Gerade vielsagend ist dieser Reim nicht, oder:

Gesundes Vieh und gute Weid'
Gibt schweren Kas und viele Freud'.

oder:

Man sammelt einen schönen Nutz (Alpennutzen)
In dieser Vorratskammer,
Bewahre sie, o großer Gott,
Vor Einbruch, Feuer, Jammer.

Diese aufgezählten Denksprüche der Alpen ließen sich leicht fast ins Hundertfache vermehren, wenn sich mancher Alpenbummmler die Muße nehmen wollte, bei seinem Aufenthalt auf der Alm sich um noch etwas anderes, als um Nocken und um die Waden der Sennerin zu interessieren.

Quelle: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben, Stuttgart 1909. S. 98 - 107.
Frakur-OCR korrekturgelesen von Carsten Heinisch