Die Karwoche.

Auf die fröhliche Palmsonntagfeier folgen zwei stille Tage, welche sich durch keinerlei Gebräuche auszeichnen. Nur im oberinntalischen Dorfe Zirl beflissen sich noch vor beiläufig sechzig Jahren die "Manderleut" einer eigentümlichen Andacht. Sie zogen nämlich am Montag, Dienstag und Mittwoch abends von 8 bis 9 Uhr ein großes, sehr schweres Kreuz, das der Meßner angefertigt, auf den Kalvarienberg. Damit sich aber keiner dieser gottesfürchtigen Handlung rühmen könne, erschienen alle Teilnehmer unkenntlich vermummt. Der "krumme" Mittwoch 1) ist ein böser Tag, denn an demselben hat sich einst der Verräter Judas erhängt und zwar, wie die Südtiroler behaupten, an einer Rebe. Sie hüten sich deshalb sehr, an diesem Tage die Reben zu beschneiden, weil dies deren völliges Verderben zur Folge haben würde. Gegen den Verräter Judas richtet sich überhaupt der ganze fromme Unwille des Volkes. So wird an den letzten Tagen der Karwoche an manchen Orten die "Dammermette" in der Kirche gefeiert. Dabei werden eine Anzahl Schlegel hinter dem Altare versteckt gehalten, bis die letzte Kerze verlöscht ist. Hierauf holt sich jeder einen oder zwei derselben und nun geht das "Dammern" (Klopfen, Hämmern) los, welches die Entrüstung über die böse Tat des Judas ausdrücken soll.

Der freundlichste Tag, der Lichtpunkt in der ganzen ernst-düsteren Karwoche ist der Gründonnerstag. Schon der Name mahnt an die schöne Frühlingszeit, an das erste Grün, das in Feld und Wald zu sprossen beginnt. In Tirol heißt er "Weihenpfinstag" und gilt als sogenannter halber Feiertag, an dem man sich von allen schweren Arbeiten enthält und nur kleine häusliche Geschäfte verrichtet. Man besucht fleißig die Kirche, in der bekanntlich die Einsetzung des Altarsakramentes gefeiert wird. Der Seitenaltar, auf dem das "höchste Gut" dem gläubigen Volke zur Anbetung ausgesetzt ist, prangt in grünem Schmucke. Tannenzweige und Gewinde beleben die dunkle Verhüllung, der Widdumgarten liefert seine sämtlichen "Büschelstöcke", zwischen denen sich die steifen Pyramiden der künstlichen Blumen seltsam ausnehmen. In der Mitte thront, von Lichtern umflimmert, die Monstranz. Kommt man nach verrichteter Andacht nach Hause zum fasttäglichen Mittagstisch, so trifft man auch hier das junge Grün vertreten durch Salat und Schmalzkrapfen mit Spinat gefüllt. Die Aussicht auf den morgigen strengen Fasttag läßt jeden tüchtig zugreifen. Doch wo bleibt heute die Bäuerin? Schon richtig! Die sitzt draußen hinterm Herd und verzehrt in Einsamkeit ihre Krapfen. Das hat seinen guten Grund. Es sind nämlich zufällig zwölf Tischgenossen; die Zwölfzahl ist aber am heutigen Tage verpönt und gemieden, denn sie erinnert an die Versammlung der Apostel beim Abendmahle, worunter sich der Verräter Judas befand. In der Gegend von Innsbruck glaubt man sogar, wenn einer aus dem Kreis von Zwölfen das Salzfaß umschüttet, er samt Haut und Haar vom Teufel geholt werde. Der Nachmittag vergeht nach nochmaligem Kirchenbesuche in feiertäglicher Ruhe. In Alpach und Wildschönau, in den Bergdörfern ober Klausen, sowie an vielen Orten des Eisak- und Etschtales geht man abends bei gutem Wetter "baumbeten". Man begibt sich nämlich hinaus auf das Feld oder in den Obstanger, kniet unter einem Baume nieder und betet da mit ausgespannten Armen zur Erinnerung an das "Angstgebet Christi" unter den Ölbäumen. Die Umgebung ist allerdings danach angetan, zur Andacht zu stimmen. Auf den schneebedeckten Bergkuppen verglüht das Abendrot; ringsum ist alles still, magisches Dämmerlicht umspinnt die Höfe und Hütten im Talgrunde, die sprossenden Wiesen und die knospenbesäten Bäume.

Für den Bauer hat der Zeitpunkt noch eine besondere Wichtigkeit. Er glaubt, erst der " Weihenpfinstagsegen" erwecke die schlafende Natur zu neuem Leben. "Schau nur aussi (hinaus) Bua," belehrt der Vater seinen lauschenden Sohn, das Grün ist die G'segnblüah (Segenblüte), heut wird die ganze Natur g'weiht, sogar 's Oa in der Henn' kriegt den Segen," Darum ist aber auch ein "Gründonnerstagsei" ein ganz anderes Ding, als ein gewöhnliches. Im Pustertal verwahrt man es bis zum Ostersonntag, läßt es in der Kirche weihen und wirft es dann übers Hausdach. An der Stelle, wo es niederfällt, gräbt man es ein, damit es Unglück und Blitzstrahl vom Hause abwende. Dabei belächelt man geringschätzig die "herrische" Neuerung des Kupferdrahtes, den einer der "g'studierten" Dorfhonoratioren hat anbringen lassen. Im Unterinntal kennzeichnet man ein an diesem Tage gelegtes Ei und verwahrt es bis zum Ostersonntag des nächsten Jahres, wo es dann mittags verzehrt wird.

Am Karfreitag, als am Todestage des Heilandes, sind auch die geringfügigsten Vorgänge von Bedeutung. Frühmorgens späht der Hausvater vor allem, ob nicht Reif auf den Feldern liege. Man sieht das sehr gerne, denn man glaubt, es könne dann für dieses Jahr den Früchten kein Frost mehr schaden. Hierauf geht er hinaus auf den Anger und schlägt die Obstbäume mit einem Schlägel, denn dadurch soll ihre Fruchtbarkeit verdoppelt werden. Will man junge Pflanzen in die Gartenbeete setzen, so ist heute der beste Tag dazu; schneidet man aber Unkraut ab, wobei man freilich die rechte Losstunde treffen muß, die niemand genau weiß, so verdirbt es samt den Wurzeln. Auch erwächst durch den Karfreitag einer Gattung von Wundermitteln gefährliche Mitbewerbung, ich meine nämlich den verschiedenen Haarwuchsölen und Pomaden; denn man braucht sich einfach an diesem Tage die Haare schneiden zu lassen, dann verwandelt sich das spärlichste Haarstoppelfeld binnen kurzer Zeit in einen Lockenkopf. Waschen soll man sich heute an einem Bach oder wenigstens mit Bachwasser zum Andenken, daß Christus in dieser Nacht von den Juden durch einen Bach geschleppt wurde. Mit dem Morgenimbiß, sowie mit dem Mittagsmahl sieht es karg aus, denn jeder fromme Christ tut sich am Karfreitag einen besonderen "Abbruch". Doch nimmt man es mit dem Fasten jetzt nicht mehr so strenge wie in früherer Zeit, wo man oft bis zum Aufgang der Sterne keinen Bissen genoß. Ein Rausch aber gilt an diesem Tage heiliger Trauer, an dem, wie der Volksglaube sagt, selbst die Sonne aus Betrübnis nicht scheint, für eine so himmelschreiende Sünde, daß sie erst durch dreimaliges Beichten gesühnt werden kann.

Sind die häuslichen Morgengeschäfte abgetan, dann rüstet sich alles zum Kirchgang. Hiebei ist es an vielen Orten Tirols und Vorarlbergs Sitte, daß man der allgemeinen Trauer durch Anziehen von dunkeln Kleidern Ausdruck verleiht. Der Weg ist heute belebt wie niemals sonst im Jahre; den ganzen Tag über eilt Alt und Jung in das Gotteshaus, um das "Heilige Grab" zu besuchen. Wir wollen uns jener stämmigen Bäuerin, welche "die Beten" (Rosenkranz) in der Hand gefolgt von Kindern und Gesinde, der Kirche zuwandert, anschließen und die Herrlichkeit, mit welcher der kindliche Sinn des Volkes die Ruhestätte des Erlösers ausgeschmückt hat, näher in Augenschein nehmen. Magisches Dunkel empfängt uns beim Eintritt in die geweihten Räume. Über Fenster und Türen spannt sich schwarzer Flor, nur der Hochaltar mit dem heiligen Grabe strahlt in bunter Farbenpracht. Oft jedoch ist die Tiefe des Presbyteriums vom Schiff der Kirche durch eine dunkle Gardinenwand als Symbol des Tempelvorhanges abgesperrt und davor das Grab aufgebaut.

Dieses stellt eine Felsengrotte dar, in welcher, gehüllt in ein weißes Tuch, der "Heilige Leichnam" ruht. Ein paar Schritte davor, gewöhnlich auf den Stufen, welche zum Grabe führen, stehen zu beiden Seiten die lebensgroßen Figuren der zwei Wächter, Kriegsknechte mit Helm, Schild, Hellebarden und grimmigen Gesichtern. Um die Grotte aber blüht und duftet ein ganzer Garten von Blumen und grünen Gewächsen, zwischen denen unzählige Lichter und bunte Glaskugeln funkeln. Im Hintergründe erblickt man den Berg Golgata mit dem leeren Kreuz, auf dem ein weißes Tuch hängt; darüber in den Wolken schweben weinende Engel, welche die Marterwerkzeuge halten. Den ganzen Aufbau schließt im Vordergrunde gewöhnlich ein Gitter ab. Vor demselben knien fromme Weiber, emsig die Perlen des Rosenkranzes durch die Finger schiebend; dahinter stehen ernsten Angesichts die Männer; flüsternd und staunend drangen sich die Kinder vor, die sich an den leuchtenden Farben der Glaskugeln nicht satt sehen können.

Nach verrichtetem Gebete begibt sich jedermann zur "Marter". So heißt nämlich das Kruzifix, das zur allgemeinen Verehrung auf den Stufen liegt. Die Andächtigen werfen sich davor auf die Knie und küssen die "heiligen fünf Wunden", die oft vom vielen Berühren mit Lippen und Händen ganz braun aussehen. Damit aber auch das "liebe Vieh" vom Segen der heiligen fünf Wunden einigen Gewinn habe, bringen Hausväter oder Hausmütter einen Ring aus Holz mit und streichen mit demselben über die "Marter". Durch diesen Ring treibt man, richtiger gesagt, trieb man das junge Vieh und das Geflügel, damit ihm weder Hexen noch Fuchs und Geier schaden können. Zum gleichen Zwecke bäckt man auch aus allerlei Bestandteilen "Marterbrote" und gibt davon dem Vieh zu fressen. An vielen Orten des Inntales ist es Sitte, Mais und Getreide über das liegende Kruzifix zu schütten. Davon nimmt man dann ein paar Hände voll mit und legt dies in den Getreidekasten, damit der ganze Vorrat dadurch gesegnet werde. Auch gibt man acht, von welcher Getreideart am meisten auf dem Christusbilde liegen bleibt, weil diese im künftigen Sommer am besten gedeiht. Das übrige ausgeschüttete Korn ist ein Almosen für den Küster, der sich das Mischmasch mit etwas Staub gewürzt zusammenkehren mag.

Dieser Brauch leitet uns auf eine Nachtseite der schönen Karfreitagsfeier, nämlich auf den Bettel. Derselbe ist an diesem Tage von der löblichen Polizei gestattet und wird deshalb in großartigem Maßstabe betrieben. Ganze Karawanen scheltender Weiber und zerlumpter frecher Fratzen ziehen von Haus zu Haus und pflanzen sich so unverschämt vor die Türen, als kämen sie, um eine schuldige Steuer einzufordern. Sie erhalten auch wirklich reichliche Gaben, denn jedermann ist froh, die zudringlichen Gäste los zu werden, deren böses Maul man förmlich fürchtet.

Am Karsamstag in der Früh wird die kirchliche Handlung der Feuerweihe vorgenommen. Sie geht jedoch nicht in der Kirche vor sich, sondern auf dem Friedhofe, der in den Dörfern rund um das Gotteshaus gelegen ist. Daselbst wird zumeist aus alten Grabkreuzen ein Scheiterhaufen aufgeschichtet. Der Priester erscheint im Ornate (Albe, Stola und Pluviale, und zwar in blauer, bezw. violetter Farbe), gefolgt vom Meßner. Letzterer schlägt Feuer, zündet den Holzstoß an und der Priester spricht die üblichen Segnungen darüber. Bis jetzt verhielt sich die Menge in andächtiger Stille, kaum aber lehrt ihr der Geistliche den Rücken, so geht ein höchst unkirchliches Treiben los. Alles drangt sich zum glühenden Kohlenhaufen und fällt darüber her, als wäre es eitel Gold; der kriegt einen Rippenstoß, jener eine Ohrfeige, daß ihm der Kopf saust und er gar nicht merkt, wie ihm der pfiffige Täter unterdessen das schönste Scheit vorwegnimmt. Die Burschen wollen es beim "Holzrauben" einer dem anderen zuvortun. Endlich hat jeder sein Scheit erobert und trägt es im Triumph nach Hause. Auch von dem an diesem Tage geweihten Taufwasser nimmt die Hausmutter eine Flasche voll nach Hause.

Was nun die Karsamstagskohlen betrifft, so sind diese allerdings von einem Werte, von dem wir ungläubige Städter keine Ahnung haben. Lieber Himmel, was besitzen sie nicht für Wunderkräfte! Vor allem müssen die Kohlen brennend heimgebracht werden, damit an ihnen das "neue Feuer" angezündet werden kann. Die Herdflamme soll nämlich in einem rechten Bauernhause das ganze Jahr hindurch nicht ausgehen, eine Sitte, die ehemals aus leichtbegreiflichen Gründen streng eingehalten wurde. Am Karsamstag jedoch löscht die Hausfrau vor dem Kirchgange jedes Fünkchen sorgfältig aus, um an den von der Feuerweihe mitgebrachten Kohlen das neue Feuer anzufachen. Die übrigen Kohlen haben mannigfache Bestimmungen. Da der Bauer bekanntlich an das "liebe Vieh" in erster Reihe denkt, so ist es sein wichtigstes Geschäft, ein Stück Kohle unter der Stalltüre zu vergraben, alsdann kann die Macht der schlimmen Hexen nicht über die Schwelle hinein. Ein zweites Stück wird nebst einem Palmbüschel in die Mitte und an die Ecken des Ackers gesteckt, um das Ungeziefer zu vertreiben und den Hagelschlag abzuwenden. Was von den Kohlen noch übrig bleibt, verwahrt man sorgfältig für besondere Fälle. Wenn z. B. im Sommer ein drohendes Gewitter heraufzieht, so holt die Hausmutter Karsamstagskohlen aus dem Kasten und wirft sie nebst anderem Geweihten in die Herdflamme, damit das "wilde Feuer" nicht in Haus oder Tenne einschlage. Aus dem Umstände, daß die Feuerweihe an manchen Orten "Judasverbrennen" heißt, können wir schließen, daß ehemals eine wirkliche Puppe aus Stroh und Lumpen verbrannt wurde, unter der man sich den Verräter Judas dachte, wie das in Bayern und Schwaben allenthalben geschieht. Diese Sitte hängt vielleicht mit dem Kulte unserer heidnischen Vorfahren zusammen und die Mythologie hat nachzuweisen gesucht, daß unter dem verbrannten Popanz eine ehemalige Gottheit versteckt sei. Es spukt allerdings noch ein Stück Heidentum in manchen Gebräuchen und Meinungen der Karwoche. Ein alter Glaube sagt, daß man mit einer am Karfreitag geschnittenen Wünschelrute Gold und Schätze in Fülle heben könne, allein wer wollte solchen Frevel wagen? Die Mädchen des Eggentals wissen ein Zaubermittelchen, um in einem heimlich geliebten Burschen gleiches Liebesfeuer zu entzünden. Dasselbe besteht aus einem am Karsamstag bei geweihtem Feuer und zwar auf dem Friedhofe rotgesottenen Ei, welches dem Betreffenden zum Geschenk gemacht wird. Doch das Geschäft des Kochens läßt sich leider schwer unbemerkt bewerkstelligen. Darum ist es am besten, die vergeblichen Wünsche nach Gold und Liebesglück im großen Spülkessel zu ertränken, der unter Mitwirkung des Besens am Karsamstag eine bedeutende Rolle spielt. Am Ostersonntag muß nämlich das ganze Haus im spiegelblanken Festkleide prangen, und hat man auch schon während der Woche das hauptsächlichste geputzt und gescheuert, so bleibt doch am letzten Tage noch genug zu schaffen. Da heißt es, sich tummeln, damit man bis zur nachmittägigen Auferstehungsfeier fix und fertig werde.

Die hellen Kirchenglocken ertönen dazu nach dreitägigem Schweigen zum ersten Male. Es wird nämlich vom Gottesdienst am Gründonnerstag angefangen nicht geläutet, sondern mit einer hölzernen Vorrichtung, der "Karfreitagsratsche", geklappert (geratscht). Die Glocken sind nach Rom zum Heiligen Vater gezogen, sagt das Volk, und kehren erst zur Auferstehung zurück. Paßt nun die Stille vortrefflich zur ernsten Feier des Heiligen Grabes, so ist besagtes "Ratschen" geradezu eine Folter für zivilisierte Ohren, so daß der Klang der Osterglocken schon deshalb allein eine freudige Stimmung erweckt. Auf das erste Glockenzeichen eilt alles zur Kirche, denn man will nebst der Andacht auch einen "guten Platz", um "unsern Herrn aufsteigen" zu sehen. Der Priester betet zuerst die vorgeschriebenen Psalmen und Gebete, dann singt er mit erhöhter Stimme: "Christus ist erstanden. Alleluja!" Im selben Augenblick versinkt der Leichnam im Grabe, der dunkle Vorhang dahinter reißt und über dem geschmückten lichterstrahlenden Hochaltar des sonnigen Presbyteriums erscheint der Auferstandene als Sieger über Tod und Grab mit dem Purpurmantel und weißroter Osterfahne. Zugleich schmettern vom Chore die Posaunen, die Orgel fällt ein und in die Jubelklänge des Te Deum laudamus mischt sich das Geläute aller Glocken. Väter und Mütter heben ihre kleinen Kinder empor; die größeren klettern auf die Stühle: "Hast ihn gesehen?" flüstert eines dem andern zu.

Mit dem Heimgehen hat man es nicht gar eilig, denn es ist ja Feierabend. Man schaut sich gemütlich nach seinen Bekannten um, schüttelt sich die Hände und wünscht einander gute Feiertage. Selbst die rührige Hausfrau macht heute bei der Nachbarin ein Ständchen, sie kommt dennoch früh genug zum Abendkochen. Die Männer besprechen die nächstens vorzunehmenden Frühlingsarbeiten, die jungen Burschen und Dirnen aber schäkern und necken sich und stecken dann wieder heimlich wispernd die Köpfe zusammen wegen der roten Ostereier mit den anzüglichen Verslein darauf, die sie morgen auszuteilen gedenken. Hat man sich ausgeplaudert, so begibt man sich nach Hause zum kräftig zubereiteten Abendessen. Fleisch kommt heute noch nicht auf den Tisch; der duftende Braten erscheint erst morgen beim Ostersonntagsmahl, zu welchem schon heute umfassende Vorbereitungen getroffen werden.

Während dessen dämmert draußen die frühlingslaue, mondhelle Osternacht, nach der Christnacht die hochheiligste im Jahre, ebenso reich wie diese an Geheimnissen und Wundern. Noch ist es nicht geraten sich um die Mitternachtsstunde draußen herumzutreiben, denn Meister Bocksfuß lauert mit allerlei berückenden Gaben auf begehrliche Menschenkinder, um sich dieselben schließlich mit der armen Seele des Betreffenden bezahlen zu lassen. Deshalb sieht ein christlicher Familienvater darauf, daß alles bei Zeiten in den Federn liege, um am fröhlichen Ostersonntagmorgen desto hurtiger wieder herauszuschlüpfen.

1) Richtigere ältere Form "Grump-Mittich"; er hat seinen Namen vom Gerumpe (rumpeln = Lärm, Getöse machen), da an diesem Tage bei der abendlichen Trauer- oder Rumpelmette (Pumpermette) das erstemal mit den "Ratschen" gerumpelt oder "gedämmert" wird.

Quelle: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben, Stuttgart 1909. S. 53 - 62.
Frakur-OCR korrekturgelesen von Carsten Heinisch