DER FLUCH DES ÖTZI


Aus traurigem Anlass erreichen uns sehr viele Anfragen zum "Fluch des Ötzi". Wir versuchen im Folgenden die FAKTEN aufzulisten:

"Der Tod wird jeden auf lautlosen Schwingen ereilen, der die Ruhe des Pharao stört" -
dieser Satz wurde in Hieroglyphen geschrieben, laut Zeitungsberichten im Grab des ägyptischen Pharaos Tutenchamun gefunden. Allerdings hat nie jemand diese ominöse Inschrift zu Gesicht bekommen, ist daher als Zeitungssage zu betrachten. Diese wiederum könnte auf die englische Gespenstergeschichte 'Die Mumie', in der eine ägyptische Mumie als rachsüchtiger Untoter herumwütet, geschrieben von Jane Loudon Webb, einer Zeitgenossin der Frankenstein-Autorin Mary Shelley, zurückgehen.

Alle Beteiligten um die Entdeckung des Pharaonengrabes 1922 starben eines natürlichen Todes, Howard Carter etwa 1939. Als Lord Carnavon, der 1922 die Grabung im Tal der Könige finanzierte, vier Wochen nach der Graböffnung an einem Moskitostich starb, gab die britische Presse dem "Fluch des Pharao" die Schuld.

Es wurde auch spekuliert, dass aufgefundene Mumien Bakterien enthielten, die dann zu Krankheiten oder Todesfällen geführt haben. Diese Vermutung ist medizinisch nicht haltbar. Zudem wurden Teile von Mumien bis in das 17. Jahrhundert als "ägyptische Mumie" als Arznei verwendet und auch später noch als eine Art Allheilmittel vom Volk angewandt. Dem gegenüber halten Medien die Entdeckung des 1985 entdeckten Schimmelpilzes "Aspergillus flavus" beachtenswert, der ohne Sauerstoff jahrhundertelang überleben kann und dessen Sporen in der menschlichen Lunge lebensgefährliche Allergien auslösen könnte.

Ötzi, der Eismann aus der Steinzeit © www.SAGEN.at

Mann vom Hauslabjoch
Souvenir aus dem Archäologischen Museum in Bozen
©Berit Mrugalska, März 2005

Auch um die Gletschermumie des Eismannes, liebevoll auch "Ötzi" genannt, liegt ein Mythos zwischen Statistik und Aberglauben.

Wissenschaftlich anerkannte Bezeichnung ist 'Mann vom Hauslabjoch', manchmal wird er auch als 'Eismann' oder scherzhaft 'Homo tyrolensis' bezeichnet; in den USA herrscht die Bezeichnung 'Frozen Fritz' vor; das Archäologische Museum in Bozen verwendet die Bezeichnung 'Der Mann aus dem Eis'.

Der Mythos vom "Fluch des Ötzi" entstand durch Todesfälle aus jener Gruppe, die 1991 den im Eis eingefrorenen Steinzeitmann in Augenschein nahmen, sowie einiger Kommentare aus Kreisen der Wissenschaft.

Das Nürnberger Ehepaar Erika und Helmut Simon entdeckte am 19. September 1991 gegen 13.30 Uhr die Gletschermumie vom Hauslabjoch. Die offizielle Bergung durch den Innsbrucker Gerichtsmediziner Univ.-Prof. Dr. Rainer Henn begann am 23.09.1991 um 12.37 Uhr.

Eine Gruppe von 22 Personen hat zwischen 19. September 1991 und dem Tag der Bergung (23. September) rund dreißig Mal die Fundstelle besucht.

"Es ist schon verwunderlich, dass es hier immer Deutsche trifft" sah Univ.-Prof. Dr. Konrad Spindler eine Besonderheit. Trotzdem sah er es gelassen. Scherzhaft stellte der Ötzi-Experte, der ebenfalls gebürtiger Deutscher war, eine Frage in den Raum: "Werde ich dann der Nächste sein?"
Vom Unterhaltungswert her hielt Spindler den kolportierten Grabes-Fluch aber für eine "interessante, glaubhafte Geschichte". [zitiert nach Niedoba]

- Der Gerichtsmediziner Rainer Henn verunglückte im Juli 1992 bei der Fahrt zu einem Vortrag über den Gletschermann in Kärnten mit seinem Auto.

- Der Bergführer Kurt Fritz (der Reinhold Messner zur Fundstelle begleitet hatte) verunglückte beim Sturz in eine Gletscherspalte (nach anderen Versionen in einer Lawine).

- Rainer Hölzl filmte die Bergung als Reporter beim ORF und starb im Jahr 2004.

- Helmut Simon verunglückte bei einer Bergtour auf den Gamskarkogel bei Salzburg im Oktober 2004.

- - Der Bergretter Dieter Warnecke starb bei der Suche (nach anderen Versionen nach der Beerdigung) von Helmut Simon an einem Herzinfarkt.

- - Am 7. Januar 2005 starb der Innsbrucker Professor Friedrich Tiefenbrunner bei einer Herzoperation. Der Eingriff galt als Routine. Ein Kliniksprecher: "Sein Tod kam völlig unerwartet." Tiefenbrunner gehörte zum Team von Spindler. Er war Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Hygiene an der Universität Innsbruck. Er hatte eine Methode gefunden, Ötzis Mumie vor Bakterien und Pilzbefall zu schützen.

- Univ.-Prof. Dr. Konrad Spindler ist am 17. April 2005 verstorben. Er zählte zu den weltweit bekanntesten Archäologen sowie zu den brilliantesten Wissenschaftlern Österreichs.

Univ.-Prof. Dr. Konrad Spindler (1939 - 2005) © www.SAGEN.at

Univ.-Prof. Dr. Konrad Spindler, 1939 - 2005
hier bei einer Grabung im Sommer 2002
©Wolfgang Morscher, 20. August 2002

- Der 63-jährige Archäologe Tom Loy, der an einem Buch über "Ötzi" schrieb, wurde Mitte Oktober 2005 in seiner Wohnung in Brisbane tot aufgefunden. Loy litt seit rund zwölf Jahren an einer Blutkrankheit, die Krankheit war kurz nach Beginn seiner Forschungen zu "Ötzi" diagnostiziert worden. Die Todesursache habe durch die Autopsie nicht eindeutig geklärt werden können.

Seit März 1998 ist Ötzi im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen ausgestellt.

"Ich habe nur gut von ihm gesprochen" sagt die Museumsführerin vom Archäologischen Museum in Bozen.

"Ich habe ihn immer nur angesehen, nie berührt" sagt Professor Leitner aus Innsbruck.

"Ich war bloß ein- zweimal in seiner Zelle und habe ihn nur ein einziges Mal angefasst" sagt Alex Susanna, der Bozner Museumsdirektor.

"Ich habe ihm nichts getan, nur einen Schuh ausgezogen." sagt Markus Egg vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz, der Ötzis Ausrüstung untersuchte.

Erklärungen warum es zum Mythos vom "Fluch des Ötzi" gekommen sein könnte, kann man aus Sicht der Europäischen Ethnologie/Volkskunde darin sehen, dass es sich bei der Bergung des Eismannes um Grabfrevel gehandelt haben mag. Es entspricht unserer Moral, dass man Tote nicht stören darf.

Die im Jahre 2001 im Rücken des Eismannes gefundene Pfeilspitze könnte zusätzlich die Phantasie nähren, dass dieser sterbend einen Fluch ausgesprochen haben könnte.

Dennoch ist zusammenfassend zum "Fluch des Ötzi" dieser mit dem "Fluch Napoleons" zu vergleichen: Ausnahmslos jeder, der Napoleon je die Hand gereicht hat, ist tot...

©www.sagen.at, Wolfgang Morscher, unter Benutzung folgender Quellen:
Der Mann aus dem Eis, Kurz-Chronologie der Fundgeschichte von Elisabeth Rastbichler-Zissernig, online-Version an der Universität Innsbruck
Kai Michel, Der Fluch des Ötzi, Die Zeit, 22. Dezember 2004
Gerhild Niedoba, Lastet auf dem Ötzi ein Fluch?, Die Neue - Zeitung für Tirol, Dienstag 19. Oktober 2004
Stefan Dietrich, Ötzis Fluch ein Fall für die Statistik, Tiroler Tageszeitung, 20. Oktober 2004
Ötzi-Forscher Konrad Spindler ist tot, ORF-Pressemitteilung, 17. April 2005
Spekulationen über "Fluch des Ötzi", ORF-Pressemitteilung, 18. April 2004
Carola Frentzen, Ötzi - ein unheimlicher Fluch?, In: Hamburger Abendblatt, 20. April 2005
Der Fluch des Pharao, Hamburger Abendblatt, 20. April 2005
Hat "Ötzi"-Fluch erneut zugeschlagen?. ORF-Pressemitteilung, 4. November 2005