Der Teufel als Diakonus

Es war einmal ein Bischof, dessen erster Diakonus war ein Teufel, er aber wußte das nicht und vertraute ihm in allen Dingen. Dieser Teufel-Diakonus schrieb dem Bischof in die Bücher, daß es den Bischöfen gestattet ist zu heiraten. Als der Bischof einmal in einem Buche las, traf er auf die Stelle, wo das geschrieben war, und verlobte sich daraufhin. Als nun bekannt wurde, daß der Bischof sich verheiraten wolle, brachten ihm die Leute Hochzeitsgeschenke, einer einen Widder, einer einen Truthahn, ein andrer eine Henne, wie es jeder hatte. Ein armer Alter nahm ein Hähnchen, da er nichts anderes zu bringen hatte und machte sich auf den Weg, um das dem Bischof als Hochzeitsgeschenk zu geben. Unterwegs überfiel ihn die Nacht, er machte bei einem Birnbaum halt, setzte das Hähnchen zum Schlafen auf den Baum und legte sich selbst darunter. Um Mitternacht kamen Teufel und stiegen auf den Birnbaum. Da bemerkte einer von ihnen den Mann unter dem Baum, und sie beredeten sich, ihn auszufragen, was er für einer sei. Der Mann, der das hörte, erschrak, vor Angst klapperten ihm die Zähne, aber er stellte sich tot. Die Teufel gaben ihm Fußtritte, stießen ihn, drehten ihn hin und her, aber was sie auch anfingen, er rührte sich nicht. Da glaubten sie, er sei wirklich tot und ließen ihn liegen. Als sie nun alle auf den Baum gestiegen waren, setzte sich der Oberste von ihnen - der außer dem Schwanz, wie auch die andern, noch Hörner hatte - in die Mitte, die anderen Teufel um ihn herum. Da erzählte jeder von ihnen dem Obersten, was er ausgerichtet hatte, und der belobte jeden nach seinen Taten. Der eine berichtete, daß er zwei Brüder so entzweit habe, daß sie sich auf ihrem Felde prügelten; der andere, daß er Nachbarn in Streit gebracht habe; und so jeder einer nach dem andern, was er verrichtet hatte. Der Teufel aber, der bei dem Bischof Diakonus war, erzählte: "Ich habe den Bischof dazugebracht, daß er sich verlobt hat und jetzt heiraten will; denn ich bin sein erster Diakonus, er vertraut mir viel an, ich habe alles im Hause unter Händen und habe ihm in seine Bücher geschrieben, daß es den Bischöfen erlaubt ist zu heiraten." Da belobte ihn der Oberste sehr, daß er eine so große Sache ausgeführt hatte. Als die Teufel so beim Erzählen waren, krähte plötzlich der Hahn, und sie stiegen schnell von dem Baum herab und liefen davon, denn sie dürfen nur so lange herumwandeln, bis die Hähne anfangen zu krähen. Der Alte, der unter dem Birnbaum lag, hatte das Gespräch der Teufel angehört und sich ganz still verhalten. Am Morgen stand er auf, nahm sein Hähnchen und machte sich auf den Weg zum Bischof. Dort angekommen, bat er um die Erlaubnis einzutreten und dem Bischof das Hähnchen zu überreichen. Die Diakone wollten das nicht zulassen und sagten ihm, daß andre größere Geschenke gebracht hätten und doch nicht eintreten durften, wie er denn für einen einzigen Hahn hinein wolle. Der Alte bat aber ihn hineinzulassen und ging nicht fort. Endlich meldeten sie dem Bischof, daß ein Alter bäte zu ihm hinein zu dürfen, und der Bischof befahl ihn einzulassen. Das geschah, er verneigte sich vor dem Bischof, und der nötigte ihn zum Sitzen. Da sagte der Alte: "Hochwürdiger Bischof, ich möchte aus deinem eigenen Munde hören, ob es wahr ist, was man hört, daß du dich verheiraten willst?" - "Ja, es ist wahr", antwortete der Bischof. - "Wie kann das aber sein, hochwürdiger Bischof? Ich bin ein so alter Mann und habe nie gehört, daß ein Bischof heiratet, denn es ist nicht erlaubt und nicht von Gott verordnet. Wie steht es nun jetzt damit? Das ist keine reine Sache, hochwürdiger Bischof." - "Wie?" antwortete der Bischof, "es steht in den Büchern geschrieben, daß es den Bischöfen nicht verboten ist zu heiraten, darum will ich mich auch verheiraten. Wenn es keine Sünde ist, warum soll ich nicht heiraten?" Darauf erwiderte der Alte: "Hochwürdiger Bischof, wo da geschrieben ist, daß das Heiraten für die Bischöfe keine Sünde sei, so weißt du nicht, daß das vom Teufel geschrieben ist, denn dein erster Diakonus ist ein Teufel, und der hat dir das in deine Bücher geschrieben." - "Wie kann er ein Teufel sein," sagte der Bischof darauf, "da er mein Allergetreuester ist und ich unter seinem Beistand in der Kirche die Messe halte?" - "Ein Teufel ist er," fuhr der Alte fort, "ich weiß, daß er einer ist, denn ich habe diese Nacht mit eignen Ohren gehört, wie er den andern Teufeln erzählte, daß er selbst etwas in deine Bücher geschrieben hat, um dich dazu zu bringen, große Sünde und Ärgernis zu begehen." Darauf berichtete er ihm alles, was er während der Nacht gehört hatte. Der Bischof wurde nun bedenklich, sagte aber doch: "Wie ist es möglich, daß er mit mir die Messe hält und überall in der Kirche herumgeht?" Der Alte antwortete: "Hast du auf ihn geachtet, ob er in der Kirche bleibt von Anfang bis Ende der Messe?" - "Ja, er bleibt." - "Es kann nicht sein, daß er die ganze Messe über bleibt," sagte der Alte, "hast du auf ihn geachtet, ob er auch in der Kirche bleibt, wenn man das Axion anhebt, oder ob er hinausgeht?" Der Bischof dachte etwas nach und sagte dann, daß er darauf nicht geachtet habe. Der Alte meinte dann weiter: "Wenn es so steht, halte morgen früh die Messe, aber laß im geheimen die Türen schließen und die Fenster, so daß es überall verstopft ist, wo irgendein Loch ist, und wenn das Axion anhebt, gib gut acht, was er tut und wohin er geht."

Der Bischof tat, wie ihm der Alte gesagt hatte, und hielt am nächsten Morgen die Messe zusammen mit dem Diakonus, dem Teufel. Als die Zeit für das Axion kam, beeilte sich der Teufel hinauszukommen, wie er das bisher gemacht hatte. Da er aber die eine Tür geschlossen fand, lief er zu den andern, auch die waren zu; darauf rannte er hin und her von einem Fenster zum andern und kletterte in seiner Not zu einem Fenster hinauf, um da hinauszukommen. Als er aber auch das nicht öffnen konnte und das Axion immer weiter gesungen wurde, platzte er, und es kamen lauter Mäuse aus ihm heraus; viele Mäuse entstanden aus dem Teufel. So sind die Mäuse in die Welt gekommen und haben sich überallhin verbreitet, und weil sie vom Teufel sind, sind sie eben solche Schadenstifter für die Menschen wie die Teufel, die sich bemühen, jedem Menschen Böses anzutun. Der Bischof aber sah nun, wie die Sache war, hob seine Verlobung auf und blieb unverheiratet, wie es ja für ihn Gesetz war.

Quelle: August Leskien, Balkanmärchen aus Bulgarien, Jena, 1919