DER VOGEL GREIF

S isch einisch e Chönig gsi, won er gregiert het und wien er gheisse het, weiß i nümme. De het kei Sohn gha, numen e einzigi Tochter, die isch immer chrank gsi, und kei Dokter het sie chönne heile. Do isch em Chönig profizeit worde, si Tochter werd si an öpfle gsund esse. Do loht er dur sis ganz Land bchannt mache, wer siner Tochter Öpfel bringi, daß si si gsund dra chönn esse, de mües si zur Frau ha und Chönig werde. Das het au ne Pur vernoh, de drei Söhn gha het. Do seit er zum eltste: »Gang ufs Gade ufe, nimm e Chratte (Handkorb) voll vo dene schöne öpfle mit rote Bagge und trag si a Hof; villicht cha si d' Chönigstochter gsund dra esse und de darfsch si hürote und wirsch Chönig.« De Kärli hets e so gmacht und der Wäg under d' Füeß gnoh. Won er e Zitlang gange gsi isch, begegnet em es chlis isigs Mannli, das frogt ne, was er do i dem Chratte heig; do seit der Ueli, denn so het er gheisse: »Fröschebei.« Das Mannli seit druf: »Nu, es solle si und blibe«, und isch witergange. Äntli chunnt der Ueli fürs Schloß und loht si amälde, er heb öpfel, wo d'Tochter gsund mache, wenn si dervo ässe tue. Das het der Chönig grüseli gfreut und loht der Ueli vor si cho, aber, o heie! Won er ufdeckt, so het er anstatt öpfel Fröschebei i dem Chratte, wo no zabbled hend. Drob isch der Chönig bös worde, und loht ne zum Hus us jage. Won er heicho isch, so verzelt er dem Ätti, wies em gangen isch. Do schickt der Ätti der noeltst Sohn, wo Sämi gheisse het; aber dem isch es ganz glich gange wie dem Ueli. Es isch em halt au es chlis isigs Mannli begegnet, und das het ne gfrogt, was er do i dem Chratte heig, der Sämi seit: »Seüborst«, und das isig Mannli seit: »Nu, es solle si und blibe.« Won er do vors Chönigsschloß cho isch und seit, er heb öpfel, a dene si d' Chönigstochter gsund chönn esse, so händ si ne nid welle ine loh und händ gseit, es sig scho eine do gsi und heb si für e Nare gha. Der Sämi het aber aghalte, er heb gwüß dere öpfel, si solle ne nume ine loh. Äntli händs em glaubt und füere ne vore Chönig. Aber won er si Chratte ufdeckt, so het er halt Seüborst. Das het der Chönig gar schröckeli erzürnt, so daß er der Sämi us em Hus het lo peütsche. Won er hei cho isch, so het er gseit, wies em gange isch. Do chunnt der jüngst Bueb, dem händ si nume der dumm Hans gseit, und frogt der Ätti, ob er au mit öpfel goh dörf. »Jo«, seit do der Ätti, »du wärst der rächt Kerli derzue; wenn die gschide nüt usrichte, was wettist denn du usrichte.« Der Bueb het aber nit noh gloh: »E woll, Ätti, i will au goh.« - »Gang mer doch ewägg, du dumme Kerli, du muescht warte, bis gschider wirsch«, seit druf der Ätti und chehrt em der Rügge. Der Hans aber zupft ne binden am Chittel: »E woll, Ätti, i will au goh.« - »Nu minetwäge, so gang, de wirsch woll wider ume cho«, gitt der Ätti zur Antwort ime nidige Ton. Der Bueb het si aber grüseli gfreut und isch ufgumpet. »Jo, tue jetz no wien e Nar, du wirsch vo eim Tag zum andere noch dümmer«, seit der Ätti wider. Das het aber em Hans nüt gmacht, und er het si i siner Freud nid la störe. Wils aber gli Nacht gsi isch, so het er dankt, er well warte bis am Morge, er möcht hüt doch nümmen a Hof gcho. Z'Nacht im Bett het er nid chönne schlöffe, und wenn er au ne chli igschlummeret isch, so het's em träumt vo schöne Jumpfere, vo Schlößere, Gold und Silber und allerhand dere Sache meh. Am Morge früe macht er si uf der Wäg, und gli druf bchunnt em es chlis mutzigs Mannli, im e isige Chleidle, und frogt ne, was er do i dem Chratte heig. Der Hans git em zur Antwort, er heb öpfel, a dene d'Chönigstochter si gsund äße sött. »Nu«, seit das Mannli, »es solle söttige (solche) si und blibe.« Aber am Hof händ si der Hans partu nid welle ine loh, denn es sige scho zwee do gsi und hebe gseit, si bringe öpfel, und do heb eine Fröschebei und der ander Seüborst gha. Der Hans het aber gar grüseli aghalte, er heb gwöß keini Fröschebei, sonder von de schönste öpfle, wo im ganze Chönigreich wachse. Won er de so ordeli gredt het, so danke d'Türhüeter, de chönn nid lüge, und lönd e ine, und si händ au rächt gha; denn wo der Hans si Chratte vor em Chönig abdeckt, so sind goldgäli öpfel füre cho. Der Chönig het si gfreut und loht gli der Tochter dervo bringe und wartet jetz i banger Erwartig, bis men em der Bricht bringt, was si frü Würkig toh hebe. Aber nid langi Zit vergoht, so bringt em öpper Bricht - aber was meined er, wer isch das gsi? D'Tochter selber isch es gsi. Sobald si vo dene öpfle gäße gah het, isch si gsund us em Bett gsprunge. Wie der Chönig e Freud gha het, chame nid bschribe. Aber jetz het er d'Tochter dem Hans nid welle zur Frau ge und seit, er müeß em zerst non e Weidlig (Nachen) mache, wo uf em drochne Land weidliger geu as im Wasser. Der Hans nimmt die Bedingig a und got hei und verzelt's, wie's eme gange seig. Do schickt der Ätti der Ueli ins Holz, um e söttige Weidlig z'mache. Er het flißig gewäret (gearbeitet) und derzue pfiffe. Z'Mittag, wo d'Sunne am höchste gstanden isch, chunt es chlis isigs Mannli und frogt, was er do mach. Der Ueli git em zur Antwort: »Chelle (hölzernes Gerät).« Das isig Mannli seit: »Nu, es solle si und blibe.« Z'Obe meint der Ueli, er heb jetz es Weidlig gmacht; aber won er het welle isitze, so sind's alles Chelle gsi. Der andere Tag got de Sämi i Wald; aber s'isch em ganz glich gange wie im Ueli. Am dritten Tag goht der dumm Hans. Er schafft rächt flißig, daß es im ganze Wald tönt vo sine chräftige Schläge, derzue singt er und pfift er rächt lustig. Do chunnt wieder das chli Mannli z'Mittag, wos am heißeste gsi isch, und frogt, was er da mach. »E Weidlig, wo uf em drochne Land weidliger goht as uf em Wasser«, und wenn er dermit fertig seig, so chöm er d'Chönigstochter zur Frau über. »Nu«, seit das Mannli, »es söll e so eine ge und blibe.« Z'Obe, wo d'Sunne aber z' Gold gange isch, isch der Hans au fertig gsi mit sim Weidlig und Schiff und Gschirr. Er sitzt i und ruederet der Residenz zue. Der Weidlig isch aber so gschwind gange wie der Wind. Der Chönig het's vo witem gseh, will aber im Hans si Tochter nonig ge und seit, er müeß zerst no hundert Haase hüete, vom Morge früe bis z'Obe spot, und wenn em eine furt chömm, so chömm er d'Tochter nid über. Der Hans isch das z'friede gsi, und gli am andre Tag goht er mit siner Herd uf d'Weid und paßt uf, daß em keine dervolaufi. Nid mängi Stund isch vergange, so chunnt e Magd vom Schloß und seit zum Hans, er söll ere gschwind e Haas ge, si hebed Visite übercho. Der Hans hett aber woll gmerkt, wo das use will, und seit, er gäb e keine, der Chönig chönn denn morn siner Visite mit Haasepfäffer ufwarte. D'Magd het aber nid noh gloh, und am And foht si no a resniere. Do seit de Hans, wenn d'Chönigstochter selber chömm, so well er ere e Haas ge. Das het d'Magd im Schloß gseit, und d'Tochter isch selber gange. Underdesse isch aber zum Hans das chli Mannli wider cho und frogt der Hans, was er do tüej. He, do meüß er hundert Haase hüete, daß em keine dervolaufi, und denn dörf er d'Chönigstochter hürohte und werdi Chönig. -»Guet«, seit das Mannli, »do hesch es Pfifli, und wenn der eine furtlauft, so pfiff nurne, denn chunnt er wider ume.« Wo do d'Tochter cho isch, so git ere der Hans e Haas is Fürtüechli. Aber wo si öppe hundert Schritt witgsi isch, so pfift der Hans, und der Haas springt ere us em Schäubeli unse und, was gisch was hesch, wider zu der Herd. Wo's Obe gsi isch, so pfift de Haasehirt no emol und luegt, ob alli do sige, und tribt se do zum Schloß. Der Chönig het si verwunderet, wie au der Hans imstand gsi seig, hundert Haase z'hüete, daß em keine dervoglofe isch; er will em aber d'Tochter eineweg nonig ge und seit, er müeß em no ne Fadere us s'Vogelgrife Stiel bringe. Der Hans macht si grad uf der Wäg und marschiert rächt handli vorwärts. Z'Obe chunnt er zun eme Schloß, do frogt er um enes Nachtlager; denn sälbismol het me no keini Wirtshüser gha; das seit em der Herr vom Schloß mit vile Freude zue und frogt ne, won er hi well. Der Hans git druf zur Antwort: »Zum Vogelgrif.« - »So, zum Vogelgrif, me seit ame, er wüß alles, und han e Schlüssel zun ere isige Gäld-chiste verlöre: ehr chönnted doch so guet si und ne froge, won er seig.« - »Jo frili«, seit der Hans, »das wil i scho tue.« Am Morge früe isch er do witer gange und chunnt unterwägs zum ene andere Schloß, i dem er wider übernacht blibt. Wo d'Lüt drus vernoh händ, daß er zum Vogelgrif well, so säge si, es sig im Hus ne Tochter chrank, und sie hebi scho alli Mittel bracht, aber es well keis aschlo, er söll doch so guet si und der Vogelgrif froge, was die Tochter wider chönn gsund mache. Der Hans seit, das well er gärn tue, und got witer. Do chunnt er zum ene Wasser, und anstatt emene Feer isch e große, große Ma do gsi, de all Lüt het müesse übere träge. De Ma het der Hans gfrogt, wo si Reis ane geu. »Zum Vogelgrif«, seit der Hans. »Nu, wenn er zun em chömed«, seit do de Ma, »so froget ne au, worum i all Lüt müeß über das Wasser träge.« Do seit der Hans: »Jo, min Gott jo, das wil ich scho tue.« De Ma het ne do uf 'Achsle gnoh und übere treit. Äntli chunnt do der Hans zum Hus vom Vogelgrif; aber do isch nume d' Frau deheime gsi und der Vogelgrif sälber nid. Do frogt ne d'Frau, was er well. Do het ere der Hans alles verzeih, daß er e Fadere sött ha us s'Vogelgrife Stiel, und denn hebe si im ene Schloß der Schlüssel zun ere Gäldchiste verlöre, und er sött der Vogelgrif froge, wo der Schlüssel seig; denn seig im ene andere Schloß e Tochter chrank, und er sött wüsse, was die Tochter chönnt gsund mache; den seig nig wid vo do es Wasser und e Ma derbi, d'Lüt müeß übere träge, und er möcht au gern wüsse, worum de Ma all Lüt müeß übere träge. Do seit die Frau: »Ja, lueget, mi guete Fründ, 's cha kei Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt si all; wenn er aber wänd, so chöned er under sis Bett undere ligge, und z' Nacht, wenn er recht fest schloft, so chöned er denn ufe länge und em e Fadere us em Stiel riße; und wäge dene Sache, won er wüsse söttet, will i ne sälber froge.« Der Hans isch das alles z'friede gsi und lit unders Bett undere. Z'Obe chunnt der Vogelgrif hei, und wien er in d'Stube chunnt, so seit er: »Frau, i schmöke ne Christ.« - »Jo«, seit do d' Frau, »s' isch hüt eine do gsi, aber er isch wider furt«; und mit dem het der Vogelgrif nüt me gseit. Z' mitzt i der Nacht, wo der Vogelgrif recht geschnarchlet het, so längt der Hans ufe und rißt em e Fadere usem Stiel. Do isch der Vogelgrif plötzli ufgjuckt und seit: »Frau, i schmöke ne Christ, und s' isch mer, s'heb mi öpper am Stiel zehrt.« De seit d' Frau: »De hesch gwüß träumet, und i ha der jo hüt scho gseit, s' isch e Christ do gsi, aber er isch wider furt. De het mer allerhand Sache verzeih. Si hebe ime Schloß der Schlüssel zun ere Gäldchiste verlöre und chönne ne nümme finde.« - »O die Nare«, seit der Vogelgrif, »de Schlüssel lit im Holz-hus hinder der Tür under ere Holzbig.« - »Und denn het er au gseit, im ene Schloß seig e Tochter chrank und si wüsse keis Mittel, für si gsund z' mache.« - »O die Nare«, seit der Vogelgrif, »under der Chellerstäge het e Chrot es Nascht gmacht von ire Hoore, und wenn si die Hoor wider het, so wär si gsund.« - »Und denn het er au no gseit, s' sig amene Ort es Wasser und e Ma derbi, der müeß all Lüt drüber träge.« - »O de Nar«, seit der Vogelgrif, »tät er nume emol eine z' mitzt dri stelle, er müeßt denn keine me übere träge.« Am Morge früe isch der Vogelgrif uf gstande und isch furt gange. Do chunnt der Hans under em Bett füre und het e schöni Fadere gha; au het er ghört, was der Vogelgrif gseit het wäge dem Schlüssel und der Tochter und dem Ma. D' Frau vom Vogelgrif het em do alles noemol verzeih, daß er nüt vergäßi, und denn isch er wieder hei zue gange. Zerst chunnt er zum Ma bim Wasser, de frogt ne gli, was der Vogelgrif gseit heb, do seit der Hans, er söll ne zerst übere träge, er well em's denn däne säge. Do treit ne de Ma übere. Won er däne gsi isch, so seit em der Hans, er söll nume einisch eine z' mitzt dri stelle, er müeß denn keine me übere träge. Do het si de Ma grüseli gfreut und seit zum Hans, er well ne zum Dank noemol ume und äne träge. Do seit der Hans nei, er well em die Müeh erspare, er seig sust mit em z'friede, und isch witer gange. Do chunnt er zue dem Schloß, wo die Tochter chrank gsi isch, die nimmt er do uf d'Achsle, denn si hed nit chönne laufe, und treit si d' Chellerstäge ab und nimmt das Chro-tenäscht under dem underste Tritt füre und gits der Tochter i d' Hand, und die springt em ab der Achsle abe und vor im d' Stäge uf und isch ganz gsund gsi. Jetzt händ der Vater und d' Mueter e grüslichi Freud gha und händ dem Hans Gschänk gmacht vo Gold und Silber; und was er nume het welle, das händ's em ge. Wo do der Hans is ander-Schloß cho isch, isch er gli ins Holzhus gange und het hinder der Tür under der Holzbigi de Schlüssel richtig gfunde und het ne do dem Herr brocht. De het si au nid wenig gfreut und het dem Hans zur Belohnig vill vo dem Gold ge, wo i der Chiste gsi isch, und sust no allerhand für Sache, Chüe und Schoof und Geiße. Wo der Hans zum Chönig cho isch mit dene Sache alle, mit dem Gäld und dem Gold und Silber und dene Chüene, Schoofe und Geiße, so frogt ne der Chönig, won er au das alles übercho heb. Do seit der Hans, der Vogelgrif gäb eim so vill me well. Do dankt der Chönig, er chönnt das au bruche, und macht si au uf der Wäg zum Vogelgrif; aber won er zu dem Wasser cho isch, so isch er halt der erste gsi, wo sid em Hans cho isch, und de Ma stellt e z' mitzt ab und goht furt, und der Chönig isch ertrunke. Der Hans het do d' Tochter ghürotet und isch Chönig worde.


Quelle: Kinder- und Hausmärchen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), 1812-15, KHM 165