Die Kraníche
Es ist schon lange her, daß sich eines Herbsttages die Kraniche
darauf vorbereiteten, südwärts zu ziehen. Als sie sich in großer
Schar zusammengefunden hatten, sahen sie in der Nähe des Dorfes ein
wunderschönes junges Weib ganz allein. Sie bewunderten sie, scharten
sich um sie, hoben sie auf ihre ausgebreiteten Flügel, trugen sie
hoch in die Luft und flogen mit ihr fort. Während die einen sie aufhoben,
kreisten die anderen unter ihnen so dicht, daß sie nicht herunterfallen
konnte und ihr lautes heiseres Geschrei übertönte alle Hilferufe,
so ward das Weib fortgetragen und wurde nie mehr gesehen. Seit dieser
Zeit kreisen die Kraniche im Herbst immer herum und während sie sich
zum Flug nach Süden vorbereiten, schreien sie laut herum, wie sie
damals taten.
Quelle: Eskimomärchen, übersetzt von Paul
Sock, Berlin o. J. [1921], Nr. 50, S. 166.
aus: E. W. Nelson: The Eskimo about Beringstrait (Annual Report of American
Ethnology, Vol XVIII/1, Washington 1896/97.