DER TULDI-SCHMIED

Zu jener Zeit, da Christus mit dem heiligen Petrus noch auf Erden wandelte, begegnete ihnen so mancherlei auf ihren Wegen.

So gelangten sie einst zu später Nachtstunde in ein Dorf, wo sie niemand beherbergen wollte. Endlich kamen sie zum Tuldi-Schmied, der bereit war, sie aufzunehmen.

Er trug ein gutes Abendessen für sie auf und richtete ihnen in einer schmucken Kammer die Schlafstellen.

Petrus, der sich geärgert hatte, weil sie überall abgewiesen worden waren, fand an der Gastfreundschaft des Schmiedes großen Gefallen. Er lobte und pries ihn ohne Ende. Und am nächsten Morgen gewährte der Herr dem Tuldi drei Wünsche.

Da sagte der Schmied: "Zuallererst wünsche ich mir, den Bösen Geist in meiner Werkstatt festbannen zu können, wenn er mich holen sollte, als zweiten und dritten Wunsch bitte ich mir aus, daß ohne meine Erlaubnis keiner von meiner Ofenbank aufstehen und keiner von meinem Apfelbaum loskommen kann."

Da sagte der Herr: "Es ist dir alles gewährt!" Dann nahm er Abschied und zog mit Petrus weiter.

Nach ein paar Jahren kam wirklich der Böse Geist zum Tuldi-Schmied und sagte: "Du mußt jetzt mit mir gehen!"

Doch der Schmied war schlau und meinte: "Komm und wärme dich in meiner Werkstatt, bis ich meinen Ranzen gerichtet habe!"

Kaum aber stand der Böse Geist in der Werkstatt, konnte er sich nicht mehr rühren und war steif wie ein Stück Holz. Da jammerte er, daß es einen Stein hätte erbarmen können. Die vier Gesellen des Meisters, die das Geschrei nicht vertrugen, klemmten den Bösen in den Schraubstock und schlugen ihn windelweich. Jetzt heulte er noch mehr und bat sie, ihn doch auszulassen.

"Ich laß dich nicht aus", sagte der Tuldi-Schmied.

"Ich gebe dir viel Geld", winselte der Böse.

"Gibst du es mir wirklich, so sollst du frei sein", entgegnete der Schmied. Und die vier Gesellen ließen den Bösen erst aus dem Schraubstock, nachdem er dem Meister ein Säcklein mit Goldstücken übergeben hatte.

Der Teufel stieß noch einen Wutschrei aus, dann fuhr er wie das böse Wetter davon. Zum Schmied ist er aber nimmer gekommen.

Nach fünf Jahren jedoch erschien der zweite Böse Geist.
"Schmied", forderte er, "du gehst jetzt mit mir!"

"Setz dich auf die Ofenbank", erwiderte der Schmied. "Ich will mir einstweilen mein Bündel zusammenrichten."

Und er ging hinaus und heizte den Ofen so voll, daß er glühte.

Als der Schmied in die Stube zurückkam, war der Böse Geist festgebannt und jammerte: "Mein lieber Schmied, laß mich aufstehn, ich halt es nimmer aus!"

"Du bleibst sitzen", sagte der Schmied.

"Ich gebe dir viel Geld, nur laß mich aufstehn!" schrie wieder der andere.

Da gab ihn der Schmied für einen Sack Geld frei und warf den Bösen zur Tür hinaus. Der sagte noch zum Abschied: "Schmied, mich siehst du nie mehr!"

Nach weiteren fünf Jahren kam der dritte Böse Geist.

"Schmied", sagte er, "du mußt mit!"

"Ja, ja", war die Antwort, "ich komm gleich, aber wollen wir uns nicht ein paar Äpfel aus dem Garten holen? Geh, steig auf den Apfelbaum und füll uns ein Sackerl voll, ich will einstweilen mein Bündel schnüren."

Der Böse stieg wirklich auf den Baum und pflückte die Äpfel von den Zweigen. Doch als er wieder vom Baum hinuntersteigen wollte, konnte er sich nicht mehr rühren und hing wie festgenagelt in der Baumkrone.

"Au weh", jammerte er, "Schmied, laß mich hinunter!"

"Fällt mir nicht ein", versetzte der Meister.

"Ich bitte dich, laß mich laufen, ich gebe dir viel Geld dafür!"

Da ließ ihn der Tuldi herunter, erhielt wieder einen Sack Geld und jagte den Bösen davon. Der rief ihm noch über den Zaun zu: "Du wirst mich im Leben nicht mehr erwischen!"

Zehn Jahre später wurde der Schmied todkrank. Er ließ seinen Sohn an das Sterbebett kommen, vermachte ihm die Werkstatt und sagte: "Wenn ich gestorben bin, so gib mir in den Sarg mein ledernes Schurzfell, drei lange Nägel, Hammer und Felleisen mit." Damit schloß der Tuldi-Schmied die Augen für immer.
Sein Sohn erfüllte den letzten Wunsch des Vaters und trug ihn zu Grabe.

Der Tuldi-Schmied aber klopfte an die Himmelstür und bat um Einlaß. Da fragte ihn der heilige Petrus nach seinem Begehren.

"In den Himmel möchte ich hinein", sagte der Schmied.

Aber Petrus wies ihn ab und meinte: "Du hast mit deinen drei Wünschen nicht den Himmel verlangt, darum kann ich dich nicht hereinlassen."

"Nun, wenn ich nicht hinein kann, so wandere ich halt in die Hölle, dort ist es wenigstens schön warm."

Damit machte sich der Schmied auf den Weg zur Hölle. Dort klopfte er mit seinem Hammer an die Tür, riß sie sodann auf und wollte hinein. Da stand aber schon ein rußiger Teufel vor ihm, verwehrte ihm den Einlaß und rief: "Ei, das ist ja der Tuldi-Schmied. Der kommt uns nicht herein! Er würde uns bestimmt alle erschlagen!"

Als dies die anderen Bösen Geister hörten, wurden sie neugierig und wollten den Schmied sehen. Einer davon war so dreist, daß er seine lange Nase beim Höllentor hinausstreckte. In diesem Augenblick aber nahm der Tuldi einen Nagel und den Hammer und nagelte dem Vorwitzigen die Nase an den Türstock. Der schrie und jammerte: "Meine Nase! Meine Nase!"

Der Schmied aber warf die Tür ins Schloß und wanderte zum Himmelstor zurück.

Als er anklopfte, kam wieder der heilige Petrus heraus und rief: "Ich hab dir's schon einmal gesagt, du darfst nicht herein!"

Da jammerte der Schmied: "In die Hölle lassen sie mich auch nicht, wo soll ich jetzt hin? Laß mich wenigstens bei der Tür hineinschauen!"

Das erlaubte ihm der heilige Petrus, und der Schmied, nicht faul, nahm sein Felleisen vom Rücken und warf es zur Tür hinein.

Da wurde Petrus ungehalten und sagte: "Schau, daß du das Felleisen gleich wieder von da wegnimmst!"

"Ja, ja, ich hol mir's schon", sagte der Schmied. Er sprang zur Himmelstür hinein, nahm schnell sein Schurzfell, schlug es mit zwei Nägeln an die Wand und machte sich auf diese Art einen Sitz.

Jetzt sagte Petrus: "Ja, gehst du denn nicht wieder hinaus?"

"Ich sitz doch auf meinem Schurzfell", antwortete der Schmied.

"Darauf werde ich doch sitzen dürfen!"

Da schmunzelte der heilige Petrus und sagte: "Weil du so schlau warst und mich überlistet hast, kannst du hier im Himmel bleiben."

Quelle: Österreichische Volksmärchen, gesammelt von Josef Pöttinger, Wien 1957