Knüppel, raus!
Ein armer Knecht hackte im Walde Holz. Da hörte er jemanden nach
Hilfe rufen. Er lief hin und sah, daß ein Mann mit Wagen und Pferden
im Sumpfe stecken geblieben war. Er half ihm heraus, und der Mann sagte
zu dem Burschen: "Was Du nur willst, ich geb Dir alles!" - Er
war ein großer Hexenmeister.
Der Bursche kratzte sich hinter dem Ohr und wußte nicht, was er
sich wünschen sollte. Der Zauberer gab ihm einen Widder (einen Schafbock)
und sprach: "So oft Du sein Fell schüttelst, fallen lauter Goldstücke
heraus."
Der Bursche dankte höflich und nahm den Widder mit in seine elende
Hütte. Hier fing er an ihn stark zu schütteln, und sieh! ein
großer Haufen Goldes fiel aus des Widders Fell heraus.
Im selben Dorfe wohnte eine Hexe, die hörte von des Burschen Widder,
gab ihm viel süßen Met (Honigwein) zu trinken, nahm ihm den
Widder fort und stellte ein gewöhnliches Schaf an seine Stelle.
Als der Bursche wieder Geld brauchte, schüttelte er vergebens das
arme Tier: es blökte nur, aber kein Pfennig kam heraus.
Traurig ging er an den Sumpf und traf dort wieder den alten Zauberer.
Der wußte schon von der ganzen Geschichte und gab ihm eine Henne,
zu der sollte er sagen: "Mein Hühnchen hold, leg mir ein Ei
von Gold!" Dann legte die Henne wirklich ein goldenes Ei. Als aber
der dumme Bursche nach Hause kam, machte ihn die Hexe wieder mit süßem
Met betrunken und vertauschte seine Henne mit einer ganz gewöhnlichen.
Vergebens wartete der Knecht auf ein goldenes Ei.
Betrübt ging er wieder aus, und der gute Zauberer gab ihm ein Tischtuch.
Wenn man zu dem sagte "Tischlein, deck dich!" so schlug es sich
gleich auseinander, und was man sich nur zu essen und zu trinken wünschte,
das stand schon darauf.
Der neugierige Bursche befahl dem Tischtuch gleich im Walde, sich aufzudecken;
da aß und trank er sich gehörig satt. Doch die böse Hexe
lauerte schon auf ihn und vertauschte sein Tischtuch mit einem gewöhnlichen.
Da erkannte der Mann den Betrug des Weibes, ging hin und verlangte vom
Zaubrer etwas, womit er das Weib tüchtig durchprügeln könnte.
Der Hexenmeister gab ihm einen Korb, wenn man dem zurief: "Knüppel,
raus aus eurem Haus!" so flogen zwei mächtige Knüppel hervor
und prügelten die bezeichnete Person mit der größten Wut.
Der Bursche nahm erfreut den Korb auf die Schulter, dankte dem Zaubrer
und sagte, er werde ihm nun nicht mehr weiter zur Last fallen. Dann ging
er gradewegs zu der Hexe, und als sie ihm wieder mit Met zusetzte, rief
er voll Zorn: "Knüppel, raus aus eurem Haus!"
Dabei zeigte er mit den Fingern auf das Weib, und die Knüppel fingen
an, unbarmherzig auf die Hexe loszuschlagen. Da versprach sie, ihm alle
seine Sachen zurückzugeben, und gab ihm auch wirklich zuerst den
Widder, dann die Henne und zuletzt das Tischtuch heraus.
Aber der Bursche befahl den Knüppeln, sie sollten das Weib nur totschlagen,
denn es tat den Menschen viel Böses. Als nun die Hexe ihr Leben ausgehaucht
hatte, rief er: "Knüppel, hinein ins Körbelein!" Da
kehrten die Knüppel zurück in den Korb.
Der Bursche aber zog mit seinen Wundersachen in die weite Welt, an den
Hof eines Königs, und als dieser mit seinen Feinden Krieg führte,
schlug er das feindliche Heer, heiratete die Prinzessin und wurde später
selber König.
Quelle: Kasimir Wladislaw Woycicki, Polnische Volkssagen und Märchen. Friedrich Heinrich Lewestam, Berlin, 1839