Der Bauer und Sultan Mahmut

Es war einmal, und es war auch nicht... In früheren Zeiten, als das Sieb noch im Stroh lag ... da war einmal ein Padischah, der hieß Sultan Mahmut.

Dieser Sultan Mahmut streckte sich, als er an einem Sommertag spazierenging, auf freiem Feld unter einem Birnbaum aus. Er aß eine Birne, die auf die Erde gefallen war. Dann ließ er den Besitzer des Birnbaumes rufen und sagte zu ihm:

"Ich habe eine von deinen Birnen gegessen, nimm es mir nicht übel... Wenn du irgendwann wegen einer Sache nach Istanbul kommst, such mich auf! Wenn du nach Sultan Mahmut fragst, kann es dir jeder zeigen."

Die Zeit kommt und vergeht, und unser Bauer hat mit einem anderen Bauern Streit wegen eines Feldes. Bei Gericht, in dem Ort, wo er wohnte, hatte er den Prozeß verloren. Weil er sich im Recht wußte, traf ihn dieses Urteil schwer. Er bemühte sich eifrig, die Angelegenheit zu regeln, aber er konnte nicht zu seinem Recht kommen ... Da sagte seine Frau:

"Ich werde einen Korb Birnen fertigmachen, und du geh und suche Sultan Mahmut auf! Er kann sich unserer Sache annehmen ..."
Der Bauer befolgte die Worte seiner Frau, ging nach Istanbul und fragte überall nach Sultan Mahmut und fand das Schloß des Padischahs. Sultan Mahmut gewährte ihm Audienz; nach den Begrüßungsworten, nach einer angenehmen Unterhaltung und nach Essen und Trinken gab der Sultan einen Befehl, und man führte den Bauern in ein schönes Gästezimmer und brachte ihn zu Bett.

In der Nacht mußte der Mann einmal hinausgehen. Um den Weg zu finden, öffnete und schloß er mehrere Türen, entfernte sich weit von dem Ort, an dem er gelegen hatte, und verirrte sich ... Schließlich kamen ihm die Wächter entgegen ... Sie fragten, was er suche und wer er sei ... Der Mann konnte nicht sagen, was ihn bedrückte ... "Das muß ein Spion sein", sagten sie und steckten ihn, so wie sie ihn ergriffen hatten, in eine Zelle ...

Inzwischen waren genau drei Jahre vergangen ... Eines Tages erinnerte sich der Padischah des Bauern, der ihm Birnen gebracht hatte, ließ ihn suchen und nach ihm forschen. Als er erfuhr, daß er im Gefängnis war, tat es ihm sehr leid, und er rief: "Wünsche dir etwas von mir!"

"Mein Sultan", sagte der Bauer, "ich wünsche mir ein Beil, einen Strick und einen Koran."

Als der Padischah, der wissen wollte, weshalb sich der Bauer die drei Dinge wünsche, danach fragte, sagte der Bauer:

"Mit dem Beil werde ich den Birnbaum fällen, unter dem du gelegen hast. Mit dem Strick werde ich meine Frau aufhängen, weil sie mich mit einem Korb Birnen zu dir geschickt hat... Auf den Koran werde ich meine Hand legen und schwören, daß ich einen Mann namens Mahmut nicht mehr grüßen werde."

Der Padischah, dem diese Worte sehr gefielen, gab ihm eine Tragetasche voll Gold und wünschte ihm Glück auf den Weg.

Quelle: Pertev Naili Boratav, Türkische Volksmärchen, Berlin 1967, München 1990
Anmerkung: von Hasan Gülek, Schüler des Hasanoglan Köy Enstitüsü, 1945 aufgenommen. Motiv fehlt in AaTh.