Die Schawanos

Der Große Geist war selbst ein Indianer und ließ als solcher den Stamm der Schawanos seinem Gehirn entspringen. Er gab ihnen geradesoviel Verstand, wie er selbst besaß, und lehrte sie auch die vielen nützlichen Künste, wodurch sich jener Stamm vor allen anderen so vorteilhaft auszeichnete.

Als sie der Große Geist fertig hatte und sah, daß diese ganz seinen Ideen entsprachen, machte er auch weiße Menschen, und zwar die Engländer und die Franzosen aus seiner Brust, die Holländer aus seinen Füßen und die Langmesser (Iren) aus seinen Händen. Doch die Blaßgesichter setzte er weit hinter den Großen Stinksee oder den Ozean und ließ Amerika vorläufig den Schawanos allein.

Diese führten hier ein recht vergnügtes und sorgenfreies Leben, und die geheimen Kräfte, die ihnen vom Großen Geist verliehen worden waren, enthoben sie jeder Unannehmlichkeit.

Doch wie das so allenthalben in der Welt ist - sie konnten diese schönen Tage nicht gut vertragen und ergingen sich nach und nach in allerlei Schlechtigkeiten und Schändlichkeiten, so daß der Schöpfer drohte, seine medizinenen Gaben wieder von ihnen zu nehmen und sie den Weißen zu geben. Diese Drohung war auch wirklich auf kurze Zeit von einiger Wirkung, doch allmählich verfielen sie wieder in ihre alten Sünden.

Nun sagte der Große Geist nichts mehr, aber er ließ plötzlich ein großes Schiff voller Blaßgesichter kommen, die den Schawanos nicht nur ihre Kenntnisse, sondern auch ihr Land wegnahmen und die meisten der Rothäute umbrachten.

Quelle: Karl Knortz, Märchen und Sagen der Indianer Nordamerikas, Jena 1871, Nr 55