Eryk



Er konnte sich nur daran erinnern, wie sich beim Blick aus dem Fenster die Blätter der Bäume bewegt haben und er öffnete seinen Mund und fing an, vor Müdigkeit zu gähnen.

Und plötzlich, wie aus der Dunkelheit, hörte er dumpfes Gepolter, ein Krachen zerriss sein Trommelfell und weiter … er konnte sich nicht erinnern.

Dann befand er sich vor der großen Tür. Er sah sich nach hinten um, aber er beobachtete nur das weite Blau des Himmels, also er entschied er sich, an die Tür zu klopfen. Er streckte schon die Hand, als die Tür sich selbst öffnete.

- Wir erwarteten dich noch nicht … erst in etwa, warte mal, ich muss das kontrollieren.

Der Junge sah einen älteren Menschen mit langem, hellgrauem Bart, der eigenartiges Schleppkleid an sich hatte.

Der Mann blätterte sein riesengroßes Buch durch, wo er intensiv etwas suchte.

- Tja, du solltest erst in achtzig Jahren hier erscheinen. Was sollen wir jetzt mit dir machen? Komm bitte herein! In diesem Fall schließt Du dich den anderen kleinen Engeln an und morgen gehst du in die Schule.

- Eryk? Das ist dein Vorname, ja? – fragte Lehrerin lächelnd am nächstem Tag.

- Ja, es stimmt, ich heiße Eryk - antwortete er.

- Meine Freunde, das ist euer neuer Freund. Ihr sollt ihn freundlich begrüßen.

- Hallo Eryk - sprechen laut einige der Engeln, die auf ihren Schulbänken saßen.

- Setze dich bitte hierhin! - zeigt die Lehrerin den Platz für Eryk.

Durch den Rest des Tages saß Eryk so höflich wie er konnte, aber er verstand nichts davon, was die Lehrerin den Schülern während der Unterrichtstunde erklärte. Sie erzählte etwas von Astralleib, außerirdischem Leben und anderen so schwierigen Sachen. Er konnte sich darauf nicht konzentrieren. Den ganzen Tag hörte er die Stimme von seiner Mutter:

- Eryk, erinnere dich! Wir möchten ans Meer fahren, du hast dich doch auf diese Sommerferien gefreut. Söhnchen wach auf! Bitte!

- Eryk, wach auf! Der Junge machte die Augen auf und statt des Gesichts seiner lieben Mutter sah er die Lehrerin.

– Du kannst dich nicht konzentrieren! Worüber haben wir gesprochen?

- Ich weiß es nicht. Ich verstehe es nicht und meine Mutter hat mich gerufen.

- Oh, was soll ich jetzt mit dir machen? – stöhnte die Lehrerin, die immer engelgleich geduldig war. – Während der Pause müssen wir mit Heiligem Peter sprechen.

- Gut - Eryk nickte zustimmend mit dem Kopf.

Eryk © Justyna Piecyk


- Siehst du selbst - erklärte die Lehrerin dem Heilligen – der Junge ist gehorsam, aber zu jung. Er versteht nichts. Ich befürchte, dass sich in diesem Fall ein Irrtum eingeschlichen hat.

- Das ist unmöglich! Du weiß doch, dass der Chef niemals irrt - antwortete der Heilige Peter. Es ist ein Pech, dass der Chef gerade fortgegangen ist, daher müssen wir dieses Problem selbst lösen. Vielleicht … ich weiß nicht … vielleicht sollte Eryk unten sein?

- Unten?! - rief die Lehrerin vor Erstaunen aus.

- Warst du in letzter Zeit gehorsam Eryk? – fragte der Heilige Peter den Jungen.

- Ich weiß nicht – antwortete der Junge und wollte Peters Blick meiden.

- Ja, der Kleine denkt nach. Hör mir bitte aufmerksam zu. Du musst die Treppe hinuntergehen und am Ende befindet sich eine Tür, du musst an diese Tür klopfen. Vielleicht hast du die anderen verloren?

Eryk verstand nichts, immer hörte er die Stimme von seiner Mutter:

- Schau doch, was ich dir mitbringe. Das ist dein geliebter Teddybär …

Er ist die Treppe heruntergegangen, bis er an die Tür kam. Das war gleiche Tür wie dort unten, aber diese war ein bisschen rußig. Und wieder war es ähnlich. Er streckte schon die Hand aus, als die Tür sich von selbst öffnete. Aber jetzt erblickte er ein grässliches Wesen, das mit seinen bösen Augen rollte.

- Komm herein, schnell! Woran denkst du, sicher bist du ein feiner Gassenjunge, was? - das Monster lächelte laut, man sah, dass es keine Zähne hatte - Wie heißt du? - fragte das Monster.

- Eryk - antwortete der Junge, der vor Angst nicht floh, weil er immer im Kopf die Stimme von Mutter hörte:

- Du brauchst Dich nicht fürchten, Eryk komm zu mir, Eryk wach auf!

- Eryk?! Das Monster war erstaunt - Warte mal, du bist ja gar nicht auf unserer Gästeliste. Na ja, du bist zu klein, um in der Pauke zu mischen.

- Ich komme aus dem Himmel - antwortete der Junge, der sich schon gar nicht mehr fürchtete.

- Vom Himmel – ich bin überrascht. Sie haben schon zu viele Leute, oder? Komm, wir müssen entscheiden, was wir mit dir machen sollen.

Das Monster setzte den Jungen auf den Stuhl und verschwand.

Plötzlich öffnete sich die Tür mit einem großen Knall – Was haben sie mir hier gesendet? - schrie ein anderes, größeres Monster, dieser hier riecht doch Güte und Reinheit! Die Situation war für Eryk sehr aufregend und er hörte zum Glück jemanden telefonieren.

Eryk © Justyna Piecyk


- Hallo … Eryk? Ja, wir haben ihn … ja, natürlich, schon gemacht. Es tut mir leid, das ist Missverständnis. Entschuldigung, ja, ich sende ihn zurück.

Jetzt musste Eryk nicht die Treppe nehmen, er fuhr mit dem Lift und wartete bis sich die Tür von selbst öffnete. Nun erblickte er eine nette und helle Gestalt, er konnte das Gesicht nicht genau erkennen. Er strahlte Ruhe aus.

- Ich entschuldige mich Eryk - sagte Herr Gott - Diese Sache sollte der Heilige Peter erledigen, aber er hat das vergessen. Das ist schon zu früh … du musst zu deiner Mutter zurückkehren, wir treffen uns … später. Die Mutter wartet schon so lange auf dich.

- Mutti, wo bin ich? - fragte ihr schläfriger Junge.

- Im Krankenhaus, du hattest Schlafsucht, weil …

- Ja, ich erinnere mich. Ich habe vor der großen Tür gestanden - begann der Junge zu erzählen.

- Ja , ja – sagte Mutter - du erzählst mir alles später, jetzt musst du dich zuerst ausruhen.

- Gut, Mutti, aber ich habe Hunger, hast du vielleicht etwas zum Essen?

Quelle: E-Mail-Zusendung am 2. Februar 2008 von Justyna Piecyk aus Radom in Polen, die in diesem Märchen von einem Jungen erzählt, der an Schlafsucht litt.
Justyna Piecyk möchte mit ihren Märchen kranken Kindern helfen.
© Justyna Piecyk, 2008.