Wie die Bergseen entstanden sind

Die Erde bebte unter seinen Füßen, als der Riese mit einem großen Sack auf dem Rücken von Italien Richtung Norden wanderte. Manchem Zwerg, der gerade trinken wollte, fiel vor Schreck der Becher aus der Hand. Oder er verschluckte sich an seiner Suppe, so wackelten die Berge. Denn der Riese war nicht einfach nur sehr, sehr groß, er hatte gigantische Maße.

Doch von all dem bekam der Riese gar nichts mit. Er pfiff vergnügt vor sich hin, trällerte laut und falsch Lieder und freute sich auf zuhause.

Sein Weib hatte bald Geburtstag und sich von ihm eine Kette gewünscht. In tiefem Grün, das in Blau überging und umgekehrt. Aber woher nehmen, Geschäfte gab's damals ja noch nicht.
Wie auch immer, er hatte lange gesucht und war schließlich am Meer fündig geworden. Als er ins Wasser platschte, trennte er mal nebenbei die Insel Elba vom Rest Italiens. Ha! Dort gab es diese schönen blaugrünen Steine, die damals das Ausmaß kleiner Hügel hatten. Flugs packte der Riese ein, soviel er tragen konnte - und das war wirklich nicht wenig, schulterte das Bündel und freute sich - riesig, wie sonst?

Eigentlich hätte er den Weg vom Mittelmeer bis zum Nordmeer an einem Tag geschafft, doch mit dieser Last spürte er seine Beine auf halber Strecke doch ein wenig und er beschloss, eine Pause einzulegen.

In der Nähe des Staufens grub er ein Weilchen im Felsgestein herum und formte sich ein Nackenkissen. Diese Stelle ist heute als Högl bekannt. Ihr könnt euch jetzt vielleicht vorstellen, wie groß der Riese gewesen sein muss! Bevor er sich hinlegte, sah er noch einmal alle seine Steine an, ließ sie durch die Hände gleiten und dachte an sein Weib. Wie schön würden sie an ihrem Hals aussehen!

Kaum hatte der Riese sich ausgestreckt, fing er auch schon an zu schnarchen, dass die Zwerge im Staufen erst glaubten, die Welt würde untergehen. Vorsichtig schlichen sie zu dem großen Kerl. "Wir müssen ihn hier festhalten", sagten sie. "Wer weiß, was der vorhat."

Es war nicht so, dass die Zwerge wirklich etwas gegen den Riesen hatten. Vielleicht kann man Zwerge und Riesen am ehesten mit Hund und Katz vergleichen. Sie sprechen nicht dieselbe Sprache, versuchen es auch gar nicht erst... nein, sie können sich einfach nicht riechen, ohne genau zu wissen, weshalb.

Während die Zwerge noch überlegten, wie sie es am besten anstellen sollten, schlug der Rabe, der im Ohr des Riesen wohnte, Alarm. Erschreckt fuhr der Riese aus seinem Schlummer auf, sah die Zwerge und packte sein Bündel so schnell er konnte. Er hatte Angst vor dem kleinen Zeug, das auf ihm herumkrabbelte. Und weil sein Weib ja nicht in der Nähe war, brauchte er auch nicht den Starken zu spielen.

Er raste über alle Berge davon. Leider hatte er in der Eile sein Bündel nicht ordentlich geschnürt, so dass ihm fast alle Steine verloren gingen und tiefe Trichter in die Landschaft schlugen, die sich bald mit Wasser füllten.


Heute kann man sie immer noch sehen, vor allem, wenn man übers Gebirge fliegt. Blaugrün schmiegen sich die schönsten Seen zwischen die Berge. Der Frillensee, der Höglwörther See, der Thumsee... ein kleiner Splitter war abgebrochen und schuf den Listsee.

Weiter nach Österreich... ein grünes Juwel neben dem andern
Des Riesen Weib bekam nur noch einen einzigen Anhänger, aber sie freute sich sehr darüber, denn der Riese erzählte ihr, unter welchen Gefahren er diesen für sie gefunden hatte. Dass dabei im Eifer des Erzählens aus Zwergen Lindwürmer und Drachen wurden - kann doch mal passieren, oder?

Quelle: E-Mail-Zusendung von Lisa, Geschichten-Kiste, 8. Jänner 2005.