DAS MÄDCHEN

Es war einmal ein Mädchen, das Mädchen träumte oft, und als es eines Tages schlafen ging, und seine Augen schloss, fand es sich auf einer kleinen runden Eisscholle wieder. Es wusste nicht, wo es sich befand, um sie herum war nur Wasser und Haifische und Pyranias, die nur darauf warteten, dass das Mädchen ins Wasser fiel. Es befand sich auf einen riesengroßen See, und an den Ufern dieses Sees standen alle Leute, die das Mädchen kannte, seine Freunde und auch seine Feinde. Das Mädchen auf seiner Scholle wartete auf Hilfe, doch keiner der vielen Menschen sah es an. Da schrie das Mädchen laut um Hilfe, es schrie sogar so laut, dass sogar die Haifische erschraken. Nun war es still geworden. Die ganzen Leute starrten das arme Mädchen an und niemand sagte auch nur ein Wort. Doch plötzlich unterbrach eine Stimme die Stille: "Halt nur aus, ich komme schon und werde dich retten."

Das Mädchen kannte diese Person als einzige von den ganzen Leuten nicht, und als diese Person sich gerade auf den Weg machen wollte, wurde sie von den Freunden und Feinden des Mädchens aufgehalten und festgehalten. "Aber wir müssen ihm doch helfen!" "Das Mädchen verdient es, glaub uns, es ist selbst daran schuld!"

So schrien die Leute im Chor und das Mädchen hatte große Angst vor ihnen. Die Scholle wurde immer kleiner und kleiner und das Mädchen bemerkte, dass es auf keine Rettung zu warten brauchte. Alle hatten es verlassen und es wusste nicht einmal was der Grund dafür war. Das Mädchen stand auf und hocherhobenen Kopfes ging es langsam unter, die ganzen Menschen an den Ufern des Sees betrachteten dieses Schauspiel mit Vergnügen, und als die letzte Haarspitze des Mädchens verschwunden war, ging ein unaufhörliches Lachen durch die Reihen und alle gingen vergnügt und zufrieden nach Hause. Nur die unbekannte Person, saß am Ufer des Sees und begann bitterlich zu weinen. Wie konnten die Menschen nur so grausam gewesen sein? Das Mädchen lag am Grund des Sees mit offenen Augen und wusste, dass es so am besten gewesen war. Was sollte sie auch schon erwarten, das jemand sie rettete? Nein Sie war nicht immer fröhlich gewesen, wie es ihre Mitmenschen von ihr erwartet hatten und sie hatte ihren Gefühlen einfach freien Lauf gelassen. Niemand ihrer ganzen Bekannten, hatte jemals seine wirklichen Gefühle ausgesprochen, denn man hätte ihn ja zurückweisen können. So musste das Mädchen sterben als Symbol für die Lügen, die wir uns heute gegenseitig auftischen müssen um nicht verletzt zu werden. Seitdem hat es nie wieder ein Mädchen gewagt, sich zu äußern, da die Geschichte des Mädchens bei der Geburt eines Kindes in das Herz eingemeißelt wurde und nie mehr jemand seine wahren Gefühle anderen mitteilte. Das Mädchen erwachte nie wieder aus seinen Träumen, denn sie waren zu bitterer Wirklichkeit geworden.

Quelle: E-Mail-Zusendung von Birgit, 19 Jahre aus Kärnten; 13.Mai 2001