Der Gnom im Malerwinkel

Zur Zeit der Entstehung von Gmünd, als man den Ort noch Gemünde nannte und hohe Stadtmauern vor fremden Eindringlingen schützten, lebte außerhalb der Stadt – im Bereich des heutigen Grillenstein – dort wo sich das Carl-Hermann-Haus befindet, ein Aussätziger. Diesen kleinen hässlichen Krüppel wollte keiner und alle hatten Angst vor ihm, da er so grässlich anzusehen war. Eines Tages kam – es war bereits dunkel – ein Wandersbursche des Weges und sah in der Dunkelheit Feuer brennen. Da die Nacht sehr kalt war und ihm fröstelte, ging er näher an das Lagerfeuer heran. Er sah den hässlichen Zwerg vor dem Feuer sitzen und Bilder betrachten.Da der Bursche ein gutes Herz hatte, ging er zu dem Gnom hin und fragte ihn, ob er sich nicht ein wenig am Feuer wärmen dürfe. Der Gnom nickte und so setzte sich der Wanderer zu ihm, packte Wurst, Brote und Wein aus seinem Ranzen.

Er teilte mit dem Gnom sein Essen und gab ihm auch von seinem Wein zu trinken.Dann legte er sich schlafen.

Als er im Schein der aufgehenden Sonne von dem Gezwitscher der Vögel geweckt wurde, sah er eine wunderschöne Landschaft mit taunassen Wiesen und Dunst über den Wäldern.Der Gnom sah seine Begeisterung und zeigte ihm daraufhin einige Gemälde, die eine wunderschöne Landschaft zeigten.

Dann sagte er zu dem Wanderer:

„Da du ein guter Mensch bist und nett zu mir warst, werde ich dir etwas sehr Wertvolles zeigen, das sonst noch kein Mensch gesehen hat.“

Sie gingen nur einige Schritte und waren in einem herrlichen Tal mit vielen Felsen und Sträuchern.

„Hier“, sagte der Gnom, „sitze ich und male all die Bilder, die du vorhin gesehen hast! Das ist mein Malerwinkel, das nur gute und naturliebende Menschen betreten sollen.“


[Eine Erzählung zum Naturpark Blockheide - Gmünd im Waldviertel, Niederösterreich]


Quelle: E-Mail-Zusendung von Karl Tröstl, Obmann vom Naturerlebnis- und Wanderverein G.A.N.Z.,