Die Wurzel

Der der Schaumburg gegenüberliegende Waldrücken vom Talhof Richtung Wasenbach wird seit altersher als Wurzel bezeichnet. Vor langer Zeit war diese Gegend noch nicht bewaldet sondern eine karge Heidelandschaft. Die Wasenbacher Bauern waren sehr unzufrieden mit diesem Zustand, denn der kümmerliche Heideboden ernährte noch nicht einmal eine Schafherde. Die Zeiten wurden immer schlimmer. Missernten und Kriege trugen dazu bei, dass auch der Ertrag auf den übrigen Feldern zurückging. In dieser Not beschlossen einige Bauern, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen. Der Gehörnte versprach den Bauern, die Heidelandschaft für sieben Jahre in fruchtbaren Ackerboden zu verwandeln. Als Gegenleistung sollten die sieben vertragschließenden Bauern ihm ihre jüngsten Söhne opfern. Der Teufel hielt sein Versprechen. Die Bauern fuhren in den nächsten Jahren üppige Ernten in ihre Scheunen und Speicher ein. Der alte Wohlstand kehrte nach Wasenbach zurück. Je näher aber der Tag rückte, an dem sie dem Teufel ihre Söhne überlassen sollten, um so niedergeschlagener wurden die Bauern. Sie berieten lange und kamen zu dem Schluss, dass man einen Pakt mit dem Teufel nicht einhalten müsse. Dies wollten sie ihm in der Nacht, in der ihre Söhne geopfert werden sollten, mitteilen. Gesagt, getan. Jedoch der Teufel ließ sich nicht überlisten. Er geriet in eine derartige Wut über die Bauern, dass er sie an Ort und Stelle in riesige Bäume mit mächtigen Wurzeln verwandelte. Seit dieser Zeit ist die ehemalige Heidelandschaft eine finsterer Wald. Mächtige Luftwurzeln, die hilfesuchenden Armen gleichen, ragen in den einzigen Hohlweg, der dieses Flurstück durchzieht. Durch sie wird noch heute gar mancher arglose Wanderer zu nächtlicher Stunde erschreckt.

Quelle: Die Sagen aus der Wasenbacher Gegend (Rheinland-Pfalz), Reinhard Güll, E-Mail-Zusendung vom 21. Februar 2005