Arlana und der Drache

Arlana reiste durch das ganze All, von Stern zu Stern, vom Morgenstern bis zur Venus. Es fühlte sich an, als reite sie auf einem Elefanten. Sie wusste selbst nicht, wie es geschah. Sie flog und flog einfach durchs Weltall. Auf einmal landete sie auf einem fremden Planteten. Überall ragten Krater und Schluchten heraus. Trotzdem sah der Untergrund so aus wie Sand. Überall kamen kleine Wesen raus. Manche sahen aus wie Mäuse, nur viel schmaler. Manche sahen aber aus wie kleine Löwen.

Arlana kletterte in eine Öffnung hinein. Dort war es ganz dunkel. Nur am Ende des Ganges war ein Lichtstrahl. Sie ging zum Licht hin. Dort war eine Truhe, der Lichtstrahl fiel genau auf sie. Ein paar Staubflocken wirbelten um sie. Sie ging zur Truhe hin, nahm den Schlüssel der um ihren Hals hing und schloss das Schloss auf. In der Truhe lagen lauter Karten. Sie waren sehr verstaubt. Sie pustete den Staub. Auf einer Karte war ein komisches Wesen und Buchstaben in einer unbekannten, sehr alten Schrift. Auf einer anderen Karte gab es mehrere Dreiecke, die man zusammengestellt hatte. Daneben lag eine Karte, darauf eine Sonnenblume, nur ohne Blütenblätter. Und noch eine Karte konnte sie erkennen. Diese Karten waren beschrieben mit einer Schrift, die sie kannte, die trotzdem schwer zu entziffern war. Sie versuchte es dennoch und las:


"Killertomate mit 7 Sternen, Attacke 30 und Effekt 66."

Plötzlich, sie wusste nicht, wie es geschehen war, hielt sie die drei Karten in der Hand.

Auf einmal hörte sie ein Grummeln hinter sich. Sie drehte sich um und sah einen alten Drachen, dem die Schuppen runterhingen. Er hatte ein paar Falten, die man nur schwer erkennen konnte unter seinen Schuppen.

"Warum", fragte er mit tiefer Stimme, "hast du meine Karten angerührt?"

"Ich wollte sie mir nur besehen", antwortete sie mit zittriger Stimme.

"Das ist nicht erlaubt", brüllte der Drache und feuriger Rauch quoll aus seinen Nasenlöchern. "Wenn du aber mit mir spielst, dann lasse ich dich laufen und du darfst die drei Karten behalten. Wenn ich gewinne, bleibst du bei mir." Natürlich glaubte der Drache nicht, dass das Mädchen gewinnen könnte, denn noch nie hatte jemand gegen ihn gewonnen Die Karten waren sein wertvollster Besitz, niemals würde er sie hergeben.

Erst wusste Arlana nicht richtig, was sie sagen sollte, aber dann willigte sie ein. Sie setzten sich auf einen Felsbrocken, der Drache mischte einen großen Stapel Karten und teilte sie aus. Schweigend spielten sie eine ganze Weile, dann fasste sich Arlana ein Herz und fragte nach dem Namen der Karten.

"Das sind" antwortete der Drache mit vor stolz geschwellter Brust "die Karten von Duun-Ca-Doh! Mein Großvater hat sie mir geschenkt, Das geschah vor langer Zeit, denn wir Drachen werden alt."

"Aber so heißt das Land aus dem ich komme", sagte Arlana nachdenklich. "Wie kann das sein?"

"Das weiß ich doch nicht", erwiderte der Drache. "Das ist mir auch egal. Sie gehören mir, egal wie die Karten heißen und egal woher du kommst."

"Aber vielleicht gehören sie ja mir" protestierte sie. "Schließlich komme ich aus Duun-Ca-Doh."

"Papperlapapp" schrie der Drache und stieß einen Feuerstrahl aus. "Ich habe die Karten von meinen Großvater bekommen, als das Ei in dem ich geboren wurde, zerbrach. Das macht man so bei Drachen. Sie bekommen Geschenke, wenn sie aus dem Ei kommen. Siehst du, ich habe die Karten und nicht du, du Menschenmädchen du!"

So ging das eine ganze Weile hin und her, das Mädchen fragt dies und jenes und der Drache antworte fast immer gleich. Es war ein Versuch, den Drachen aus dem Spiel zu bringen. Und es gelang ihr tatsächlich. Damit beschäftigt, Antworten zu suchen, passte er nicht mehr richtig auf und legte tatsächlich eine schwache Karte. Sie war ganz aufgeregt, als sie ihre Karte legte, denn sie war sehr stark. Diese Karte schlug die des Drachen und eine andere hatte er nicht mehr. Das Spiel war für ihn verloren. Der Drache aber hielt sich nicht an das, was er versprochen hatte. Er ließ sie weder laufen, noch durfte sie die Karten behalten. Stattdessen sperrte er sie in einen Käfig.

Der Käfig war sehr groß und als sie eine Weile darin umhergegangen war, begegnete Arlana einer älteren Dame. Man sah ihr an, dass sie einmal sehr reich gewesen war, doch nun waren die Kleider alt und abgetragen, aber ihre Fingernägel waren sehr lang und mit dunkelrotem Lack verziert. Die Dame fragte sie nach ihrem Namen, nach dem woher und dem wohin. Arlana antworte nicht, denn sie war noch zu betroffen, dass sie sich auf den Trick des Drachen eingelassen hatte, dass sie auf ihn hereingefallen war, wo doch jeder wusste, dass man Drachen nicht trauen durfte. Die alte Dame redete einfach weiter. Schließlich wurde Arlana auch gesprächig und erzählt dies und das, woher sie kam und dass sie ihren Bruder vermisste.

"Wo ist dein Bruder?" fragte die Dame.

"Ich habe ihn verloren", antwortete Arlana und die Tränen flossen über ihr Gesicht. "Ich weiß nicht wo, ich weiß nicht warum und auch nicht mehr wann es gewesen ist. Ich weiß nicht wo ich bin und ich möchte so gerne wieder nach Hause."

"Bald mein Kind" tröstete die alte Dame. "Zusammen werden wir es schaffen, denn wisse, ich bin nicht machtlos, aber allein gelingt es mir nicht. Wirst du mir helfen, einen Fluchtweg zu finden?" Arlana sah sie staunend an, dann nickte sie schnell und trocknete ihre Tränen. "Was hast du denn so dabei?" fragte die Dame.

Arlana griff in ihre Tasche und holte eine bunte Glasscherbe, eine Feder und eine Karte raus. Die Glasscherbe hatte sie einmal gefunden und behalten nachdem sie entdeckt hatte, dass sie in der Dunkelheit leuchte. Woher sie die Feder hatte wusste sie nicht mehr und die Karte war gleich hinter der Käfigtür gelegen. Irgendjemand hatte sie wohl irgendwann dort verloren.

Die Dame betrachtete die Karte, mit zusammengekniffen Augen, so als könne sie schlecht sehen. Schließlich gab sie Arlana die Karte. "Kannst du lesen, was darauf steht?"

"Wenn ich mir Mühe gebe, wird's wohl gehen", antwortete Arlana.

"Dann gibt dir doch bitte mal Mühe", befahl die Dame mit leicht ungeduldigem Tonfall.

Also las Arlana das erste Wort vor. Es lautete "Skilor" und darunter war ein Vogel mit hoch erhobenem Haupte zu sehen. Die Dame nahm die Karte wieder an sich und legte sie auf einen Stein. Sie legte den Zeigefinger auf die murmelte einen Zauberspruch und die Karte fing sich an zu drehen, so schnell, dass Arlana fast schwindlig wurde vom zusehen. Sie drehte sich schneller und immer schneller bis nur noch ein runder Fleck zu sehen war, der schimmerte und flimmerte. Plötzlich schoss aus der Mitte ein roter Strich empor, der sich entfaltete. Daraus trat ein riesiger Vogel hervor, der vorher noch auf der Karte in klein gewesen war. Das war Siklor.
"Ich stehe zu Diensten, Herrin", sagte der Vogel Skilor und verbeugte sich vor der Dame.

"Gut, dass du erschienen bist, denn es gibt einen Dienst, den du für mich tun kannst. Geh hinaus und töte den Drachen!", befahl die Dame mit einem gebieterischen Tonfall.

Der Vogel Skilor gehorchte und schlüpfte zwischen den Stäben hindurch. Schnell hatte er den Drachen gefunden. Vor Arlanas Augen bildete sich der Kampf zwischen dem Drachen und Skilor ab. Skilor gewann den Kampf und tötete den Drachen, wurde aber selbst tödlich verletzt. Arlana weinte, denn sie wollte nicht, dass er Vogel Skilor sterben musste. Da fing die Dame die Tränen auf, verzauberte sie und träufelte sie dem sterbenden Vogel in den Schnabel. Zuerst sah es aus, als ob dieses Mittel nicht helfen konnte. Doch dann fiel der Vogel in einen Schlaf und als er erwachte war er gesund und sogar noch stärker als zuvor.

Arlana und die Dame machten sich auf die Suche nach dem Ausgang, denn sie konnten nicht zwischen den Gitterstäben hindurch. Das dauerte und die Dame schimpfte, weil Arlana sich den Weg nicht besser gemerkt hatte. Doch es hätte nichts genutzt, denn der Drache hatte den Ausgang gut verborgen. Sie wären wohl ewig im Käfig herumgeirrt, wenn nicht der Vogel Skilor das Türschloss von außen aufgehackt hätte. Er verbeugte sich und sprach:

"Herrin, einen Dienst kann ich dir noch gewähren. Steig auf meinen Rücken damit ich dich zurückbringen kann in dein Schloss. an den Ort von dem ihr hergekommen seid. Doch Eile tut Not, denn mit dem Tod des Drachen brechen die Verbindungen, die diesen Ort mit der Welt der Menschen verbinden. Nicht mehr lange und es führt keine Weg mehr zurück.

"Und was wird aus mir? Soll ich vielleicht hier bleiben? Das können Sie nicht tun! Schließlich habe ich Ihnen den Vogel gebracht!" Arlana war wütend, denn der Vogel hatte sie überhaupt nicht beachtet, die ganze Zeit schon nicht.

"Skilor kann nur mich tragen, das ist seine Bestimmung und mein Recht", erklärte die Dame. "Wenn er dich auf den Rücken nähme, wäre dies dein Tod. Doch selbstverständlich sollst du nicht hier bleiben. Du selbst hast mitgebracht, was dich von hier fortbringt. Nimm nun die Feder in die eine Hand, und die Glasscherbe in die andere. Die Feder wird dich tragen und die Glasscherbe wird dir leuchten, denn der Weg ist weit und es ist dunkel dort draußen.

Arlana tat wie ihr geheißen. Wie von Ferne hörte sie die gemurmelten Worte eines Zauberspruchs, der sie einhüllte und sanft umfasst, sie veränderte, innerlich und äußerlich und es war so seltsam, dass sie weinen musste. Doch ein sanfter Wind trocknete die Tränen und als wäre alles ein Traum gewesen, öffnete sie die Augen und war wieder in dem Turm mit den vielen Büchern.

Quelle: Kiva Drexel, Schülerin der 3. Grundschulstufe, Schulprojekt "Die Karten von Duun-Ca-Doh" (der gleichnamigen Ausstellung im April/Juni 2004, Berlin), Emailzusendung im April/Mai 2005