EINE JUNGE TOCHTER TEILT DREI EIER AUS, DAß NEUN DARAUS WERDEN

Ein Biedermann hatte drei junge, grade, schöne Töchter, deren jegliche gern ein Mann gehabt hätte. Nun war es dem guten Vater zu teuer, seine Töchter alle drei gleichzeitig zu verheiraten. Deshalb erfand er eine List und sprach: »Liebe Töchter, jede von euch hätte gern einen Mann. Nun steht es nicht in meinem Vermögen, deshalb will ich folgendes tun: Eine jegliche nehme hin drei Eier, und die ihre Eier am besten anlegen kann, also daß ihr am meisten daraus werden, der will ich einen Mann geben. Die anderen müssen länger warten.« Da fing die älteste Tochter an und sagte: »Vater, gib mir drei Eier!« Die nahm sie und sott sie hart und gab dem Vater das eine und sprach: »Seht hin, Vater, das ist ein Ei, und du hast zwei, das sind drei.« Danach gab sie der Mutter eins und sprach: »Da hast du auch eins, nun gibt dir zur Nacht der Vater zwei, dann hast du auch drei. Und nun will ich das eine behalten, gibst du mir dann einen Mann, so gibt mir derselbige zwei, dann habe ich auch drei.« So gut konnte keine ihrer Schwestern rechnen, daß sie aus drei Eiern neun machen konnten. Also gewann sie und mußte ihr der Vater einen Mann geben.


Quelle: Martin Montanus, Das Ander theyl der Gartengesellschafft (um 1560). In: M. M.: Schwankbücher. Hrsg. von Johannes Bolte. Tübingen 1899. Kap. 14.
aus: Leander Petzoldt, Deutsche Schwänke, Baltmannsweiler, 2002, S. 165