EINER GIBT DEM SCHULTHEIß FÜNF SCHILLING UND SCHLÄGT IHM AN DEN HALS

Auf eine Zeit war ein seltsamer, wunderbarlicher Abenteurer in einem Dorf, der neidig war auf den Schultheiß, der in seinem Flecken war. Doch er durfte gegen den nichts unternehmen, wenn er nicht größere Strafe erwarten wollte. Nun begab es sich auf eine Zeit, daß sie beieinander beim Zechen saßen und fröhlich und guter Dinge waren. Und als der gute Gesell schon viel getrunken hatte, stand er auf, ging hinaus, um sich seines Wassers zu entledigen. Nun kam aber dem Kerl die Schmach hoch, die der Schultheiß ihm vielleicht bewiesen hatte, deshalb ging er hinein vor den Schultheiß, stellte sich hin und fragte: »Herr Schultheiß, was gilt es, wenn einer dem ändern an den Hals schlägt?« Der Schultheiß, der da nicht glaubte, daß der andere ihn arglistig frage, antwortete: »Der Frevel kostet fünf Schilling.« Der seltsame Kunde zog den Säckel auf, zählte fünf Schilling heraus und schlug dem Schultheiß an den Hals, daß er über den Stuhl fiel. Danach legte er ihm fünf Schilling hin und sprach: »Sieh hin, da hast du fünf Schilling.«


Quelle: Martin Montanus, Das Ander theyl der Gartengesellschafft (um 1560). In: M. M.: Schwankbücher. Hrsg. von Johannes Bolte. Tübingen 1899. Kap. 19.
aus: Leander Petzoldt, Deutsche Schwänke, Baltmannsweiler, 2002, S. 165