DIE SCHLITTENFAHRT ZU DILLINGEN

Zu Dillingen hatten einstmals die Edelleute eine gute Frau mit sich genommen, die sie in der Stadt von einer Gassen in die andere auf einem Schlitten umherführten. Zuletzt kamen sie auch in das Schloß und machten eine Runde um den Brunnen. Der Bischof lag oben am Fenster und sah zu. Und da die Edelleute sich einen Scherz erlauben wollten, warfen sie den Schlitten um und warfen sie so, daß ihr die Kleider über dem Kopf zusammenschlugen. Aber die gute Tochter, der nicht viel daran lag, blieb unbedeckt liegen und schrie hinauf zu dem Bischof: »Schaut, Bischof, ob das Loch gebrannt oder gebohrt ist!« Darüber hub jedermann an zu lachen, und die fromme Tochter luden sie wieder auf den Schlitten, und ich weiß nicht, wohin sie sie führten.


Quelle: Martin Montanus, Das Ander theyl der Gartengesellschafft (um 1560). In: M. M.: Schwankbücher. Hrsg. von Johannes Bolte. Tübingen 1899. Kap. 71 (73).
aus: Leander Petzoldt, Deutsche Schwänke, Baltmannsweiler, 2002, S. 166