Behextes Butterbrod.
In einem Dorfe des badischen Oberlands ward einst ein achtjähriges
Knäblein, auf dem Wege zur Schule, von einer Frau in deren Haus gerufen.
Sie gab ihm ein Butterbrod, das es vor ihren Augen aufessen mußte,
und ließ es dann in die Schule gehen. Dort fing das Büblein,
als der Lehrer einmal hinausgegangen war, plötzlich an zu fragen,
ob es Mäuse machen solle. Von den andern Kindern hierüber verlacht,
klopfte es dreimal unten an die Tischplatte und sieh! sogleich wimmelte
die ganze Stube von Mäusen. Heftig erschrocken, schrieen die Kinder
um Hülfe, worauf der Lehrer hereineilte und, als er das Geschehene
erfahren, das Knäblein fragte, ob es die Mäuse auch wieder fortbringen
könne. "O ja!" antwortete es, schlug dreimal da auf das
Obere der Tischplatte, wo es früher unten geklopft hatte, und augenblicklich
waren alle Mäuse verschwunden. Der Lehrer schickte nun die Kinder
heim, ausgenommen das Büblein, mit dem er eine scharfe Untersuchung
vornahm, aber nur erfahren konnte, daß es noch andere solche Künste
verstehe und kurz vor der Schule bei der Frau das Butterbrod gegessen
habe. Da diese im Rufe der Hexerei stand, zeigte der Lehrer die Sache
den Eltern des Kindes und dann mit ihnen der Obrigkeit an. Die Frau wurde
eingezogen und zu dem Geständniß genöthigt, daß
sie dem Knäblein durch das Butterbrod die Hexerei beigebracht habe,
wovon ihm nicht mehr geholfen werden könne. Auf dieses ließ
die Obrigkeit die Frau verbrennen, das Kind aber in ein kaltes Bad setzen
und ihm die Adern öffnen, daß es sein Leben verblutete.
Quelle: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande Baden
und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 70.