Räuber gebannt.
In ein Wirthshaus, das in einer Einöde des Schwarzwaldes stand,
hatte sich ein Mädchen als Magd verdingt. Bald merkte sie, daß
sie bei Raubmördern sei, welche ihr auch sagten, daß sie sie
niemals mehr aus dem Hause lassen, ihr aber stets einen guten Lohn geben
würden. Nach einem Jahre war ihr ihre Lage so unerträglich geworden,
daß sie um Befreiung daraus Tag und Nacht betete. Da kam eines Abends
ein verirrter Metzgergesell mit einem Gurt Geld und einem gewaltigen Hunde
und begehrte im Haus zu übernachten. Das Mädchen hatte mit dem
hübschen Bursche großes Mitleid, und als sie ihm, während
die Wirthin in der Küche war, Wein in die Wirthstube brachte, worin
er allein saß, flüsterte sie ihm schnell zu, daß er sich
unter Räubern befinde, bei denen auch sie wider ihren Willen sei,
und er augenblicklich entfliehen solle, ehe dieselben heimkämen und
ihn umbrächten. "So gefährlich ist es nicht, ich werde
mir schon helfen!" erwiederte ruhig der Bursch, ließ darauf
Essen und Trinken sich wohlschmecken und zuletzt einen ganzen Kübel
Wein vor sich hinstellen. Um zwölf Uhr kam der Wirth mit seinen elf
Genossen nach Hause, und als sie den Metzger sahen, erklärten sie
ihm gleich, daß er jetzt sterben müsse. Derselbe bat nur noch
um einige Augenblicke, um sich zum Tode vorzubereiten, zog ein Büchlein
hervor und sprach daraus ein Gebet her, wodurch die Räuber gebannt
wurden, daß sie kein Glied bewegen konnten. Hierauf nahm er den
Kübel und begoß sie mit dem Weine, ließ dann einen nach
dem andern durch seinen Hund niederreißen und hieb ihm mit einem
ihrer Säbel den Kopf ab. Als alle erlegt waren, kam gerade die Wirthin
ins Zimmer und ward auch von ihm getödtet. Nachher suchte er das
Mädchen auf und fand sie im Hühnerstall, wohin sie sich, aus
Furcht vor ihm, versteckt hatte. Auf ihre Bitte um Schonung ihres Lebens
betheuerte er ihr seine Liebe und begab sich dann mit ihr in den nächsten
Ort, wo sie alles anzeigten. Bei Durchsuchung des Wirthshauses fand man
im Keller die Knochen der von den Räubern Erschlagenen und den zusammengestohlenen
Reichthum. Dieser wurde dem Metzger und dem Mädchen zuerkannt, die
bald darauf einander heuratheten, das Wirthshaus aber angezündet
und dem Boden gleich gemacht.
Quelle: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande Baden
und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 17.