Ein gewitzter Bauer

Ich wurde einstmals mit einem Trupp der Götzischen Armee, die damals in Neustadt auf dem Schwarzwald lag, in die Schwabenheit kommandiert, da kriegten wir einen Bauern zu fassen, der uns den Weg am Bodensee weisen mußte. Diesen fragten wir zum Spaß, ob er schwedisch oder kaiserisch sei. Er aber dachte bei sich: sagst du kaiserisch, so geben sich die hier für Schweden aus und räumen dir den Buckel ab; sagst du aber schwedisch, so widerfährt dir's umgekehrt. Also antwortete er, er wisse es nicht. Schelm, sagt ein Reiter zu ihm (denn damals waren wenige redliche Leute; die Soldaten nannten die Bauern Schelme, damit sie es hörten - hingegen die Bauern die Soldaten Diebe schalten, wenn sie es nicht hörten), du wirst doch wissen, wem du zugehörst?

Nein, ihr Herren, antwortete der Bauer, dies ist ohne Gefahr nicht auszusprechen, es sei denn, ich wäre auf meinem Mist. Darauf sagte der Offizier: Wenn du mir die Wahrheit bekennst und sagst, wie es dir ums Herz ist, so will ich dich gleich deines Weges laufen lassen; wenn nicht, so mußt du im Bodensee, neben dem wir eben vorbeiritten, ohn alle Barmherzigkeit ersaufen. Der Bauer antwortete: Ich habe mein Lebtag gehört, ein ehrlicher Adelsmann (wie ich euch für einen ansehe) hält sein Wort.

Darum will ich ebenso umso mehr auf solche Parolen die Wahrheit sagen (wenn ich deren nur sicher bin), als stillzuschweigen oder gar im See zu liegen und zu versaufen.

Ein Schelm ist, wer sein Wort nicht hält, antwortete der Offizier. Da sagte der Bauer, es bleibt dabei; was aber meine Affektion anbelangt, so wollte ich wünschen, die kaiserischen Soldaten wären eine Milchsuppe so groß wie dieser See, und die Schwedischen wären die Brocken darin. Alsdann möchte der Teufel sie miteinander auffressen.

Das gab bei uns ein Gelächter- und dem Bauern wieder die Freiheit.

Quelle: Grimmelshausen, Des Abenteuerlichen Simplicissimi Ewigwährender Calender, Nürnberg 1670, S. 118, 118, 120