Bamberger Wage.

Von K. Simrock. - Manlii loci comm. coll. p. 46. Vita S. Henrici ap. Ludewig I., 307. Hoffmann p. 70. Grimm deutsche Sagen I., 382. Hormayr Taschenb. 1838, S. 144.

Zu Bamberg auf des Kaisers Grab,
Der einst der Welt gebot,
Der ihr Gesetz und Rechte gab
Und hielt bis in den Tod,
Ein Denkmal hat man ihm geweiht,
Das Denkmal ist von Stein -
Da thronet hoch Gerechtigkeit,
Die soll auch steinern sein.

Die Wage hält sie in der Hand
Und so geziemt's der Frau,
Und gleiches Recht ertheilt dem Land
Und allem Volk genau.
Nur eins befremdet euch zu seh'n,
Daß, wie sich deutlich zeigt,
Die Zunge, statt gradein zu steh'n
Sich einer Seite neigt.

Und eine alte Sage spricht,
So hat man mich belehrt,
Verbürgen kann ich's freilich nicht,
Doch scheint's bemerkenswerth:
Wenn einst der Wage Züngelein
Sich mitten inne stellt,
Das soll ein sich'res Zeichen sein
Vom Untergang der Welt.

Drum glaubt nicht, was Propheten lang,
Schon in die Welt posaunt,
Es ist zum nahen Untergang
Die Welt noch nicht gelaunt.
Posaunen Jericho's, der Schall
Euch viel zu früh entquillt:
Ihr seht ja, daß noch überall
Bamberger Wage gilt.


Quelle: Alexander Schöppner, Bayrische Sagen, Sagenbuch der Bayerischen Lande, Band 1, München 1852, Nr. 209