Die Jungfrau an der Fürstenthüre des Domes zu Bamberg.
Die Jungfrau am Fürstentor
am Dom zu Bamberg
© Wolfgang
Morscher, 12. November 2004
Der Wärter am Jakobsthore zu Bamberg hatte eine Tochter von großer
Schönheit. Da fanden sich lüsterne Herren, das Mägdlein
zu verführen; sie widerstand aber allen Einflüsterungen und
bewahrte ihre Unschuld. Das verdroß den Satan, und er brachte es
dahin, daß die reine bei ihrem Vater sündigen Wandels angeklagt
wurde. Der Vater glaubte den falschen Aussagen und ließ sein eignes
Kind zum Tode verurteilen. Als sie nun hinausgeführt wurde und auf
dem letzten Gange an der Fürstenthüre des Domes die auferlegte
Buße verrichten sollte, warf sie sich auf die Kniee und rief zur
heiligen Jungfrau: sie wolle gern in den Tod gehen, nur möge die
Schmach der Hinrichtung von ihr genommen werden. Und siehe, als sie das
Wort gesprochen, fällt ein Ziegel vom Dach mit großer Gewalt
und schlägt die flehende todt. Alles Volk erkannte die Unschuld der
Tochter, und zum Angedenken wurden zwei Bildsäulen: der heiligen
Jungfrau und des Mägdleins - dieses fünf Ziegel in der Hand
- an der Fürstenthüre des Domes aufgestellt 1).
1) Fünf Gesetztafeln, als Anspielung auf die 10 Gebote. So weiß das Volk zu deuten nach seiner Art.
Mündlich.
Quelle: Alexander Schöppner, Bayrische Sagen,
Sagenbuch der Bayerischen Lande, Band 1, München 1852, Nr. 211