Der Kirchenbau von Kleinholzhausen

Eine geheimnisvolle Entstehungsgeschichte hat das kleine Kirchlein von Kleinholzhausen. Der Bauer Georg Hell hat aus unbekanntem Grunde gelobt, eine Kirche zu bauen. Das war im Jahre 1595. Gebaut aber hat er sie nicht. Auch sein Sohn hat es nicht getan, sondern erst sein Schwiegersohn, der sein Nachfolger geworden ist. Christoph Fischer hat er geheißen. Bis zum Beginn des Kirchenbaues waren seit dem Gelöbnis genau neunundfünfzig Jahre vergangen. Doch auch der Christoph ging nicht freiwillig ans fromme Werk, sondern er tat es nur, weil ihn ein Geist dazu antrieb, der in seinem Haus umging. Nun war aber dieser Christoph so arm und notig, daß er mit seinen eigenen Mitteln gar nicht bauen konnte. Er mußte sogar täglich der Vergantung (Versteigerung) gewärtig sein. Er hatte viel Unglück im Stall und mit den Kindern, die ihm meist gestorben sind, bevor sie als willkommene Arbeitskräfte zu gebrauchen gewesen wären. Aber weil er nun überhaupt keine Ruhe mehr fand, begann er mit Zustimmung des Propstes Arsenius von Chiemsee und mit Hilfe von Freunden im Juni 1654 das Fundament zu graben. Er stellte auch gleich einen Opferstock dazu mit einer entsprechenden Hinweistafel. Von Reisenden und anderen guten Menschen kam bald soviel an Spenden zusammen, daß er mit dem Bauen fortfahren und die jetzige Kapelle für Johannes Baptist bis zum Herbst 1654 im Rohbau erstellen konnte.

Zum Weiterbau wurde er durch ein Unglück angespornt, das ihm zustieß. Sein zweijähriges Kind war nicht heimgekommen. Alle in der Nachbarschaft suchten nach dem Verschwundenen. Endlich fanden sie es in einer Ackerfurche liegend. Aber es lag wie tot da mit von sich gestreckten Armen. In seiner Verzweiflung gelobte Christoph bei allen vierzehn Nothelfern, sich durch nichts mehr vom Kirchenbau abhalten zu lassen, wenn nur sein Kind wieder lebendig würde. Da sprang das Kind auf und war wieder ganz frisch. Beim Weiterbauen ist es nun daheim beim Christoph im Haus ganz ruhig gewesen. Aber wenn er und seine Helfer in ihrem Eifer nur ein bißchen nachgelassen haben, hat der Geist so schlimm umgetrieben, daß sie schon in aller Herrgottsfrüh mit allem Fleiß wieder weitergearbeitet haben. 1657 waren sie mit dem Bau fertig. Vom hochfürstlichen Konsistorium in Salzburg erhielten sie die Erlaubnis, in ihrer Kirche die heilige Messe lesen zu lassen. Die erste Messe zelebrierte der Prälat vom Chiemsee höchstselbst, und er hielt eine schöne Predigt vor vielen hundert Gläubigen, die inzwischen von den seltsamen Umständen dieses Kirchenbaues erfahren hatten. In der folgenden Nacht erschien dem Bauern Christoph Fischer ein schönes weißes Lamm, das um seine Füße strich. Von dieser Stunde an war in seinem Haus Ruhe.

Quelle: Einmayr Max, Inntaler Sagen, Sagen und Geschichten aus dem Inntal zwischen Kaisergebirge und Wasserburg, Oberaudorf 1988, S. 175