Die Kröte auf der Steinalm

Nicht recht geheuer war es auch auf der Steinalm, der ehemaligen Müllnerhütte. Im Keller hockte nämlich eine große Kröte, ein Tier von der Art, das man bei uns "Heppei" nannte, und tapste dort herum. Wenn jemand da hinunterstieg, konnte er es hören. Brachte die Sennerin vielleicht grad frische Butterballen in den Felsenkeller hinab, dann hockte sich das Heppei auch mal mitten auf den Kellerboden und legte die Vorderbeinchen so zusammen, als wollte es um etwas bitten. Oft wurde es der Almerin zuviel und sie jagte die Kröte mit dem Besen hinaus. Aber am anderen Tag saß dann das Tierchen schon wieder im Keller. Keiner wußte, wie es wieder hereingekommen war.

Nun ging einmal die Sennerin zum Beichten und ließ des Heppeis wegen eine Messe lesen. Sie hoffte, dadurch von dem lästigen Hausgenossen befreit zu werden. Als sie wieder auf die Alm kam, war das Heppei wirklich verschwunden und kam nie wieder. Eine ruhelos umgehende Seele, die die Krötengestalt hatte annehmen müssen, wahrscheinlich von einer Sennerin, die Böses angestellt hatte, war erlöst worden.

Quelle: Einmayr Max, Inntaler Sagen, Sagen und Geschichten aus dem Inntal zwischen Kaisergebirge und Wasserburg, Oberaudorf 1988, S. 156