Die Frau Amtmann

Die Frau eines Lohrer Amtmannes war über die Maßen geizig und hatte für die Armen kein Herz. Kamen solche vor ihre Türe und baten um eine kleine Gabe, so jagte sie die armen Leute ohne Erbarmen fort und beschimpfte sie noch obendrein als faules, hergelaufenes Gesindel, dem die Peitsche gebühre. Anstatt die Speisereste an hungernde Menschen zu verteilen, ließ sie das übrig gebliebene Essen den Schweinen in den Futtertrog werfen. Jawohl, den Schweinen!

Da geschieht es, dass die Frau stirbt. Und wie die Magd am folgenden Morgen die Schweine füttert, bemerkt sie erstaunt, dass bei den sechs Schweinen plötzlich noch ein siebentes steht und aus dem Trog schlürft. Die Magd erschrickt; denn sie kann sich's denken, wer sich zu den sechs Tieren gesellen musste.

Es sprach sich herum, und bald wusste es die ganze Stadt, was in der Amtskellerei vor sich ging.

Die bestürzten Hausbewohner taten alles für die Seelenruhe der Verstorbenen, bis diese dann endlich erlöst wurde.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 176