Die Magd und der Blasiustag

In Preunschen war eine Magd, die ging an den Winterabenden besonders gern fort zum Spinnen, weil sie dabei gewöhnlich mit ihrem Burschen zusammenkam. Am Sankt Blasiustag nun wollte sie wieder in die Spinnstube laufen; doch da vermahnte sie der Bauer und meinte, heute sei Blasiustag, und er hätte schon von seinem Vater gehört, dass man am Festtag dieses Heiligen nicht zum Spinnen gehen dürfe. Die Magd aber entgegnete mit frevelndem Spott:

"Blasius hin, Blasius her - blas mich hin, blas mich her - und jetzt geh' ich erst recht zum Spinnen."

In der Nacht brauste ein fürchterlicher Wind über die Höhe. Es wurde Morgen, das Vieh war schon gefüttert, und die Magd war noch immer nicht heimgekommen.

Man ging nach ihr suchen, und im Feld fand man das zerbrochene Spinnrad und nahe dabei, zerschunden und blutüberlaufen, den leblosen Körper der Magd. An einer anderen Stelle der Gemarkung hing ihr Gewand im dürren Geäst eines alten Baumes und flatterte gespensterhaft im Winde. Der Sturm hatte die Frevlerin erfasst und mit fortgerissen.

Die Feldlage aber, von der die arme Seele der Magd dahinnen fuhr, wird noch bis zum heutigen Tage die "Seelenäcker" genannt.
F. Trost

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 145