Freudenberg und Kirschfurt

In alten Zeiten lag dort, wo sich die Kirschfurter Höfe und die jetzige Bahnhaltestelle Freudenberg befinden, eine größere Siedlung. Dann aber kamen die Jahre des Faustrechtes, und wer in offenen Dörfern wohnte, war seines Lebens nicht sicher. Raub und Mord blieben ungesühnt, weil es dazumal keinen obersten Richter in Deutschland gab, der Macht und Gewalt gehabt hätte, die Ordnung im Reiche wiederherzustellen, dem Rechte beizustehen und die Übeltäter zu bestrafen. Damals also konnten sich die Bewohner jenes Dorfes, das sich etwa eine Stunde unterhalb Reistenhausens erstreckte, der vielen Überfälle nicht mehr erwehren, und sie verließen deshalb ihre Wohnungen und siedelten sich jenseits des Maines an, am Fuß eines Berges, den ein festes Schloss krönte. Und die Herren dieser Burg gewährten den verängstigten Leuten ihren tatkräftigen Schutz. So konnten diese den Segen friedlicher Arbeit genießen und sich wieder des Lebens freuen. Es erwuchs das schöne Städtlein Freudenberg, das sich in reizender Lieblichkeit an den Hang des Berges schmiegt.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 221