Der Schwedenkönig Gustav Adolf in Aschaffenburg
Als sich die Schweden im November 1631 der Stadt Aschaffenburg näherten, geriet die Bürgerschaft in großen Schrecken und brachte sich zumeist in Sicherheit. Die weltlichen Behörden flohen nach Mainz, die Stiftsherren nach den Niederlanden und die Jesuiten nach Frankreich. Aber die Aschaffenburger Kapuziner hielten mutig aus, trösteten die Zurückgebliebenen und halfen, wo es nötig war; voran der Guardian des Klosters, Pater Bernhard. Da setzten die Einwohner auf ihn ihr ganzes Vertrauen und baten ihn, er möge beim Schwedenkönig um Gnade bitten für die Stadt. Pater Bernhard erschrak zunächst; denn er dachte: Wird der Schwedenkönig auf das Wort eines Mönches achten? Weil aber das Volk mit seinen Bitten nicht nachließ, sagte er in Gottes Namen zu. Er ging, von einigen getreuen Stadtvätern begleitet, über die Mainbrücke, wo schon die schwedischen Regimenter in endlosem Zuge hereinkamen. Ihr König Gustav Adolf reitet auf einem Blendschimmel. Und jetzt geht unser wackerer Mönch dem siegreichen König entgegen und überreicht ihm auf einem silbernen Teller die Schlüssel der Stadt. Zugleich schildert er in bewegten Worten Angst und Not der Bürger und fleht um gnädige Behandlung. Gustav Adolf verwunderte sich, als er einen Stadtvertreter im Mönchsgewand erblickte, dann aber freute er sich über den Mut des einfachen Mannes und sagte: "Um deinetwillen soll der Stadt kein Leid geschehen. Wo wohnst du denn, du wackerer Mann?" Pater Bernhard zeigte nach dem Kloster hinüber, und der König sprach: "Ich werde bei dir einkehren." Als Gustav Adolf am Schlosse vorüber kam, bestaunte er den prächtigen Bau und meinte: "Ein feines Schloss! Wenn es Räder hätte", fügte er alsdann hinzu, "würde ich das schöne Schloss nach Stockholm fahren lassen. Weil es aber nicht möglich ist, und der Erzbischof von Mainz es nicht beschützen mochte, so will ich's meinem Kriegsvolk preisgeben." Da kam dem Pater Guardian ein guter Gedanke. "Majestät", erwiderte er, "seht nur hin, an jedem Fenster ist ein Rad. Ihr braucht bloß für die Bespannung zu sorgen." Bei diesen Worten zeigt er auf das Kurmainzische Wappen, das in der Gestalt eines Wagenrades über jedem Fenster des zweiten Stockes angebracht ist. Lachend entgegnete der König: "Mönchlein, Mönchlein, das hast du gut gemacht; du bist ebenso klug wie herzhaft, deinetwegen soll auch das Schloss verschont bleiben." Und Gustav Adolf hielt Wort. Er kehrte im Kloster ein und sagte vor den versammelten Mönchen: "Vergesset nie: Aschaffenburg fand Gnade vor uns, um dieses Mannes willen."
Die Stadt ließ ihrem Retter an der Stelle, wo er dem Schwedenkönig entgegengegangen war, einen Stein setzen mit der Inschrift:
"Zum dankbaren Gedenken an P. Bernhard v. Trier, Guardian des Kapuzinerklosters,
dem Fürsprecher der Stadt Aschaffenburg vor dem Schwedenkönig
Gustav Adolf am Abend des 23. November 1631."
Quelle: Spessart-Sagen,
Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 12 - 13.