Die Ravensburg

Wenn Karl der Große zur Jagd in den waldreichen Spessart ritt, nahm er mit seinem Gefolge Aufenthalt in der Ravensburg, die am Rande des großen Waldes stand, auf dem Boden des heutigen Aschaffenburg.

Als der Kaiser wieder einmal im Spessart jagte, war er von seinen Begleitern abgekommen. Nur ein Knappe befand sich in seiner Nähe. Je länger sie sich nun Mühe gaben, die Jagdgesellschaft zu finden, desto mehr verirrten sie sich. Es wurde dunkel, und der Kaiser musste sich entschließen, die Nacht im Forste zuzubringen. Die Verirrten banden ihre Rosse an zwei Bäume und streckten sich auf den moosigen Waldboden nieder. Dann schlief der Kaiser ein. In aller Frühe wurde er durch Axtschläge geweckt; denn ganz in der Nähe begann ein Holzhacker seine Arbeit. Der Kaiser hatte geglaubt, tief im Spessart zu sein und war nun bloß einige hundert Schritte von der Ravensburg entfernt.

Der Holzhacker, der durch seine Axtschläge den Kaiser geweckt hatte, ging nicht leer aus. Karl schenkte ihm die Ravensburg und schlug ihn zum Ritter. Das Geschlecht der Edlen von Ravensburg blühte bis in die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 13 - 14.