Der Schafhofbauer
Nahe dem Elsavatale, zwischen den Dörfern Eichelsbach und Sommerau, steht droben auf dem Hügel ein Bauernhof. Der hatte eine große Scheune mit zwei Toren, eines an der Vorder- und eines an der Rückseite. Durch diese Scheune zog alle Jahre am 27. Dezember der Wilde Jäger. Und der Bauer öffnete jedes Mal die Torflügel, damit das wilde Heer seinen Weg nehmen konnte. Dieses setzte bei Kleinwallstadt über den Main, fuhr gegen Hofstetten, alsdann die Eichelsbacher Höhe hinauf und drüben hinab mitten durch die Scheune des Schafhöfers. Einmal nun vergaß der Bauer die Tore zu öffnen. Der Wilde Jäger kam wie immer den Berg herunter, von einer Menge bellender Hunde begleitet. Als der Bauer in der Stube den Lärm vernahm, erschrak er. Die Scheunentore! Er eilte, so schnell er konnte, hinaus. Doch es war zu spät. Zornig wütete das wilde Heer vor der versperrten Bahn. Die Hunde kläfften und heulten. Dann aber nahm der Wilde Jäger seinen Weg um die Scheune statt hindurch und jagte ins Tal hinunter.
Es wurde Frühling und Sommer. Die Ernte kam. Früher hatten
die Felder des Bauern immer reiche Frucht getragen. Und diesmal? Wohin
man auch sah, erblickte man nur mageres Korn; die Halme standen so dünn,
daß man dazwischen hindurchgehen konnte. Und das Gras lag wie tot
auf dem Boden und streckte sich nicht. So wurde die Scheune diesmal nicht
halb so voll als in den vorhergegangenen Jahren.
Quelle: Spessart-Sagen,
Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 105f