An der Womburgruine

Es ist schon lange her, da ging ein Strötzbacher Bub von Mömbris heim, und als er an der Womburgruine vorbeikam, sah er ein weißes Mäuslein aus einer Mauerritze kriechen. Verwundert blieb der Knabe stehen, und da stutzte er noch mehr. Das Tierchen lief nämlich auf ihn zu, und wie er näher kam, bemerkte der Junge, dass es ein Goldstück im Schnäuzlein trug. Das Mäuschen ließ ihm nun die Münze vor die Füße fallen und wisperte mit feiner Stimme: "Sage keinem Menschen etwas!" Hernach raschelte es fort und war im Nu zwischen dem Gestein verschwunden. Der Junge befand sich zunächst wie im Traum und starrte auf das blinkende Goldstück. Dann nahm er es zu sich und lief nach Hause. Sooft ihn später der Weg an der Ruine vorüberführte, kam die weiße Maus gekrochen und legte ein Goldstück vor ihn hin. Der Knabe hielt seinen Mund und verriet lange Zeit nichts von dem Mäuslein und den Goldstücken.

Einmal aber sprang ihm das Geheimnis doch von den Lippen, und er erzählte seinen Kameraden, was ihm an der Womburgruine begegnet war. Als er nun wieder dort vorbeiging, spähte er vergeblich nach dem seltsamen Tierchen. Es zeigte sich nicht mehr und blieb für immer aus, und mit ihm auch das blanke Gold.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 76