Die gespenstigen Mäher bei Berlin.

In der Erndten, da man den Hafer pflegt abzuhawen, trug sich diese warhafftige geschicht in der Marck nicht weit von Berlin zu, wie folget. Es wurden plötzlich viel Manßpersonen auff dem Felde gesehen, erstlich funffzehen, darnach zwölffe. Vnd waren die letzten zwölffe viel greßlicher vnnd abschewlicher gestalt, denn die ersten funffzehen. Denn sie waren ohne Häupter, da doch die andern alle Häupter hatten. Diese sieben vnd zwantzig Männer hieben mit ihren Sensen mit aller Gewalt in den Hafer, daß mans hörete rauschen vnd blieb doch gleichwohl der Hafer stets stehen. Da solch geschrey gen Hofe kam, ging viel Hofgesindes, auch von Bürgern hinaus, solches zu sehen, welche es dann also befunden. Als aber die Männer gefraget wurden, wer sie weren, woher sie gekommen vnd was sie machten, antworteten sie nichts, sondern hieben immer fort in den Hafer. Vnd als die Leute bißweilen nahe hinzu traten, vnnd sie angreiffen wolten, entwuscheten sie jhnen, lieffen geschwinde hinweg vnd hieben nichts desto weniger vnter dem lauffen in den Hafer. Da nun die Leute wieder in die Stadt kamen, wurden sie von den andern gefraget, wofür sie diese Männer ansehen. Darauff gaben sie jhnen die antwort, daß sie dieselben für böse Geister ansehen, weil sie so schnell hätten können lauffen, vnd so greßlich vnd vnmenschlich außgesehen hetten. Derwegen ließ auch der Durchlauchtigste Hochgeborne Fürst vnd Herr, Herr Joachim der ander, Churfürst vnd Marggraff zu Brandenburg etc., die fürnembsten Prediger in der Marck versamlen, von jhnen zu erfahren, was durch solches Gesichte bedeutet würde. Aber man hielt es dafür, daß dadurch Göttliche straffe der Pestilentz angezeiget solte werden.

Quelle: Grässe, Johann Georg Theodor, Sagenbuch des Preußischen Staates, Glogau, 1868/71, S. 124.