Die schwarze Frau im Charlottenburger Schloß

Als Friedrich Wilhelm III. preußischer König war (1797-1840), siedelte der Hof mitunter von Berlin nach Charlottenburg um. Bei einer der kleinen Gesellschaften im Teehäuschen des dortigen Schlosses, bei der Friedrich Wilhelm nicht anwesend war, trat plötzlich eine völlig schwarz gekleidete Frau ein und verlangte dringend den König zu sprechen: Sie hätte ihm eine ungemein ernste Mitteilung zu machen. - Der Kronprinz wandte sich ihr scherzend zu. - Sie lehnte indessen ein Gespräch mit ihm ab: Er wäre nicht der König und sein Benehmen nicht würdig genug. - Alles war starr ob dieses Verstoßes gegen die Etikette des Hofes. - Im selben Augenblick sagte die Frau jedoch: "Der König kommt."

Die Verwunderung wuchs; denn tatsächlich öffnete Friedrich Wilhelm III. die Tür. Niemand hatte ihn erwartet. Man benachrichtigte ihn sofort von dem Verlangen der schwarzen Frau. Er aber wurde ungeduldig: "Man soll ihr Geld geben und sie fortschicken", meinte er barsch. - Verletzt wandte sich die Frau dem Ausgang zu: "Ihr werdet es bereuen, dass Ihr nicht hören wolltet, was ich Euch zur Warnung zu sagen kam", antwortete sie leise. Dann trat sie durch die Wache hinaus und verschwand.

Kurze Zeit darauf trauerte der Monarch am Sarg der Königin Luise.

Quelle: Siegfried Armin Neumann, Berlin, Sagen und Geschichten, Schwerin 2004, S. 72 - 73.