RAUBMORD IN DER PELZERSTRAßE 1527

Zwei Männer aus dem Viehlande, Hinrich Wendel zum Kattenthurm und des Rathmanns Berend Schaarhar Meier, Albert Quersmann von Woltmershausen, hatten sich in Lüders Hause bei St. Martini verabredet, Barthold Heinecken, der in der Pelzerstraße wohnte, zu ermorden und zu berauben. Da Wendels Tochter Becka bei Heinecken im Dienst war, so schien die Ausführung leicht. Sie kamen also auf Neujahrsabend im Jahre 1527 außer dem Brückethor beim Burgwalle über die Mauern bei der Mühle heimlich zur Stadt herein und begaben sich nach dem Schauplatz des beabsichtigten Verbrechens. Bei Tiele Cleven Hause an der Queerenstraße überredeten sie die Mägde, sie ins Haus hereinzulassen, worauf sie Barthold Heinecken samt seiner Frau im Bette mit Hellebarden und Äxten erschlugen; Wendels Tochter, die ihnen mit Vorwissen der andern Magd, einer Friesin, Namens Anna Hayen, die Hausthüre geöffnet hatte, hielt ihnen auch das Licht bei dem Morde. Die Räuber erbeuteten einen Beutel mit Geld und andere Sachen und entfernten sich, nachdem sie die Hausthür wieder verschlossen hatten, auf demselben Wege, den sie gekommen waren; die Mägde verließen ebenfalls das Haus und nahmen die Flucht. Als am folgenden Morgen die Thür verschlossen blieb, erregte dies den Verdacht der Nachbarn. Sie machten davon die Anzeige beim Camerarius, welcher das Haus öffnen ließ. Alsbald fand man die verstümmelten Leichen, und als nun auch die Mädchen vermißt wurden, ließ der Camerarius die Dirne sammt ihrem Vater vom Kattenthurm hereinholen und brachte sie bald zum Geständniß. Darnach wurde auch Albert Quersmann auf der Weserbrücke ergriffen und mit Wendel gepeinigt, worauf auch diese Beiden die That gestanden.

Die beiden Männer wurden kurz nach heil. 3 Könige beim Galgen aufs Rad gesetzt, Wendels Tochter aber, ein Mädchen von 16 Jahren, einige Zeit nachher lebendig unterm Galgen begraben. Dabei wurden ihr vorher die Haare aus dem Nacken gebürstet, eine Sode oder viereckte Rasenstück auf den Mund gelegt, und der Büttel trat ihr mit den Absätzen aufs Leib, worauf sie eingescharrt wurde.

Die andere Magd, Anna Hayen entkam glücklich mit ihrem Antheil an dem Raube, und hat man nie wieder etwas von ihr gehört.


Quelle: Friedrich Wagenfeld, Bremen's Volkssagen, Bremen 1845, Erster Band, Nr. 21