DER WILDE JÄGER IN RÜGEN

In Rügen sagt man, der wilde Jäger sei der Teufel. Er reitet jede Nacht zwischen elf und zwölf auf seinem feuerschnaubenden Rosse aus und jagt durch das Land. Hoch oben aus der Luft schreit er sein wildes Tschû hâ! Tschû hâ! und wenn die Leute das hören, so eilen sie, um sich so schnell als möglich vor ihm in Sicherheit zu bringen.

Steht irgendwo in einem Hause Vorderthür und Hinterthür auf, so reitet er hindurch und nimmt alles, was er von menschlichen Wesen auf dem Flure ergreifen kann, mit sich in sein Reich. Vorzugsweise aber raubt er gerne Kinder. Ist das Haus verschlossen, so zieht er mit großem Gebrause um dasselbe herum. Der Arbeiter Möller in Coldevitz hatte in einer Nacht aus Nachlässigkeit die beiden Thüren offen gelassen. Da fuhr der wilde Jäger hindurch, doch Menschen hat er auf diesem Flure keine getroffen. Das hat aber der Möller ganz genau gesehen, daß zur rechten und zur linken des wilden Rosses je ein lebendiger Knabe hing, die der Teufel, weiß Gott wo, vorher aufgegriffen hatte.


Mündlich aus Coldevitz auf Rügen.


Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 3