DIE WILDE JAGD IM SCHWERINER BRUCH UND DEN VIEHBERGEN BEI MESOW

Im Schweriner Bruch und in den Viehbergen bei Mesow hat sich die wilde Jagd sehr häufig bemerkbar gemacht. Wie anderwärts in Pommern hat sie auch dort den Wanderern zugerufen: »Halt den Mittelweg, daß dich meine Hunde nicht beißen«, und hat denen, welche spöttisch den Jagdruf nachäfften, ein Stück übelriechenden Aases oder eine Menschenlende zugeworfen mit den Worten: »Hast du mit helfen jagen, so mußt du auch mit helfen fressen.« Sonderbar ist jedoch, daß es hier zuweilen zwei Jäger waren, die mit den Hunden durch die Lüfte fuhren.

Das Merkwürdigste aber begegnete einem Bauern, welcher bei Nachtzeit die Heide in der Nähe der Viehberge passierte. Derselbe hörte nämlich lauten Jagdruf hinter seinem Rücken, und als er sich umschaute, sah er eine weiße Gestalt auf sich zukommen. Das war die Seele eines ungetauft verstorbenen Kindes, welche der wilde Jäger verfolgte. Ängstlich rief sie dem Manne zu: »Zieh einen Kreis um dich und schlage ein Kreuz hinein; darauf laß mich hineintreten und nimm mich zwischen deine Füße. Kommt dann der wilde Jäger und befiehlt: »Gieb mir die Seele heraus«, so antworte bei Leibe nicht: »Da hast du sie«, sondern nur: »Nimm sie dir!««

Das that der Bauer auch alles getreulich und, so sehr der wilde Jäger tobte, er ist ihm nicht gewichen, bis die Mittemachtsstunde vorüber war. Da ist die Seele erlöst gewesen und fröhlich und guter Dinge mit hellem Gesang in die Lüfte geflogen. Doch auch für den Bauersmann blieb die Belohnung nicht aus. Er fand auf dem Heimweg einen großen Haufen Geld, daß er genug hatte sein lebelang.


Aus Mesow, Kreis Regenwalde: mitgeteilt durch Herrn Professor E. Kühn.

Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 24