DER WILDE JÄGER WODE IN DER SCHWERINER GEGEND

Einst kam ein Bauer in der Nacht von Schwerin. Sein Weg führte ihn durch den Wald. Da hörte er die Wilde Jagd, das Getümmel der Hunde und den Ruf des Jägers: "Midden in den Weg! Midden in den Weg!" Allein er achtete nicht darauf.

Plötzlich stürzte aus den Wolken ein langer Mann, der auf einem Schimmel ritt. "Hast Kräfte?", sprach er. "Wir wollen uns beide versuchen. Hier ist eine Kette. Fass an! Wer kann am stärksten ziehen?" Der Bauer fasste beherzt die schwere Kette. Der Wode versuchte nun, sich in die Luft zu erheben. Allein der Bauersmann schlang die Kette um eine Eiche, sodass der Jäger vergeblich zerrte.

"Hast gewiss das Ende um die Eiche geschlungen!", rief der Wode. "Nein", versetzte der Bauer, "sieh, so halte ich sie in meinen Händen." "Nun, so bist du mein in den Wolken!", schrie der Jäger und schwang sich empor. Doch der Bauer schlang die Kette wiederum die Eiche und es gelang dem Wode sein Vorhaben nicht. "Hast doch die Kette um den Baum geschlagen!", sprach der niederstürzende Böse. "Nein", erwiderte der Bauer, der sie eiligst losgewickelt hatte. "Sieh, so halte ich sie in meinen Händen!"

"Und wärest du schwerer als Blei", sagte der Wilde Jäger, "so musst du hinauf zu mir in die Wolken!"

Blitzschnell ritt er aufwärts. Aber der Bauer half sich auf die alte Weise. Die Hunde bellten, die Wagen rollten, die Rosse wieherten dort oben, die Eiche krachte und schien sich seitwärts zu drehen. Dem Bauer ward bange. Aber die Eiche stand.

"Hast brav gezogen", rief der Wode. "Mein wurden schon viele Männer, aber du bist der Erste, der mir widerstand. Ich werde dich belohnen."

Laut ging die Jagd an: "Holla, holla! Wohl! Wohl!" Der Bauer schlich seines Weges weiter. Da stürzte aus riesigen Höhen ein Hirsch ächzend hernieder. Auf einmal war auch der Wode wieder da, sprang vom weißen Rosse und zerlegte eiligst das Wild.

"Blut sollst du haben", sprach er zum Bauern, "und ein Hinterteil dazu."

"Herr", rief der Bauer, "dein Knecht hat nicht Eimer noch Topf."

"Dann zieh deinen Stiefel aus!", sprach der Wode. Der Bauer tat's und der Jäger goss Blut hinein und sagte: "Nun wandre mit Blut und Fleisch zu Weib und Kind!"

Die Angst erleichterte dem Bauer anfangs die Last. Allmählich wurde sie schwerer und schwerer, sodass er sie kaum zu tragen vermochte. Mit krummem Rücken, vom Schweiße triefend, erreichte er endlich seine Hütte. Und siehe da, der Inhalt des Stiefels war lauter Gold und das Hinterteil des Hirsches ein Beutel voll Silbergeld.


Quelle: Krambeer, Mecklenburgische Sagen