DAS KLAGEWEIB

In stürmischen Nächten wankt ein riesengroßes Weib mit todblassem Angesicht und unheimlich schwarzen Augen über die Heide. Es streckt seine langen Arme über Bauernhäuser und heult schrecklich dabei. Dann muß jemand im selben Hause sterben.

Einst herrschten in einer Familie Seuchen und Krankheiten unter Menschen und Vieh, selbst der alte Bauer lag schwach und elend im Bette. In einer schlaflosen Nacht hörte er es draußen klagen und heulen. Er raffte sich auf, um nachzusehen, was das bedeute. Da kam er mit dem Licht dem Strohdache zu nahe, und sein Besitztum wurde eingeäschert. Über die Heidehöhen zog das Klageweib von dannen.

Als der Bauer seinen Hof wieder aufbauen wollte, gab eine kluge Frau ihm den Rat, seinen Lieblingshund zu töten und in eine Wand des Hauses einmauern zu lassen. Den Rat befolgte er, und seitdem getraute sich das Klageweib nicht mehr auf seinen Besitz.

Quelle: Carl Meyer: Stadt und Kreis Uelzen. Ein Heimatbuch. Uelzen 1950, S. 815f
Die Sagen der Lüneburger Heide wurden von
Etta Bengen gesammelt und für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.
© der Zusammenstellung: Etta Bengen