Eine Schürze voll goldener Äpfel
Als ein Mädchen in Bannetze eines Tages seiner Arbeit nachging,
stand plötzlich ein Unterirdischer neben ihm und fragte, ob es an
einem bestimmten Tage zur bestimmten Stunde bei den Unterirdischen Gevatter
(Taufpatin) stehen würde. Das Mädchen ging zum Pastor und fragte
ihn, ob es wohl den Wunsch des kleinen Volkes erfüllen solle. Der
Pastor meinte, es möge vorher zum Abendmahl kommen und dann getrost
hingehen.
Zur festgesetzten Zeit ging das Mädchen wieder an den Platz. Da kam
auch der Unterirdische und führte es in den Garten unter einen alten
Apfelbaum. Dort stiegen sie eine Treppe hinab und befanden sich in einem
Garten, so schön, wie das Mädchen noch nie einen gesehen hatte.
Darin blühten die Blumen und an den Bäumen hingen die herrlichsten
Früchte. Die Männlein hießen es von allem soviel nehmen,
als es nur wollte.
Dann wurde sie ins Haus geführt. Darin gleißte es von Gold
und Silber. Hier hatten sich die Unterirdischen eingefunden, und es mußte
mitten unter ihnen ein Zwergenkindlein über das Taufbecken halten.
Hernach wurde nach Herzenslust geschmaust, und wer Lust hatte, konnte
zu den niedlichen Weisen der Spieler im Freien tanzen. Als aber dem Mädchen
lange genug erschien und es nach Hause wollte, baten die Unterirdischen,
es möge noch bleiben. So verweilte es drei volle Tage bei ihnen,
war lustig und guter Dinge.
Zum Abschied brachten die Kleinen so viele schöne Äpfel, als
es kaum in der Schürze fortschaffen konnte. Damit kam es auf der
Oberwelt an und bemerkte erst jetzt, daß die Früchte aus purem
Gold waren. Wie es sich noch einmal nach dem Eingang umblickte, war es
nicht mehr da. Das Mädchen hat ihn auch später nie mehr gefunden.
Die Geschenke der Unterirdischen machten es aber reich für sein ganzes
Leben.
Quelle: H. Karstens: Eine Schürze voll goldener
Äpfel. Bei den Unterirdischen zu Gevatter. In: Der Heidebote, Nr.
49 vom 8. Dezember 1950, S.13
Die Sagen der Lüneburger Heide wurden von
Etta
Bengen gesammelt und für SAGEN.at
zur Verfügung gestellt.
© der Zusammenstellung: Etta
Bengen